Ein äußerst beeindruckender Roman kommt vom australischen Autor Richard Flanagan: „Der schmale Pfad durchs Hinterland.“ Hat man ihn gelesen, versteht man sofort, warum das englischsprachige Original 2014 mit dem renommierten britischen Booker-Prize ausgezeichnet worden ist.
Im Mittelpunkt stehen die menschenunwürdigen Zustände australischer Kriegsgefangener im Zweiten Weltkrieg, die für die Japaner eine Eisenbahnlinie von Siam nach Burma bauen mussten – und dabei wie die Fliegen starben. Noch heute wird die Linie auch „Todeseisenbahn“ genannt. Die unmenschliche Behandlung der Gefangenen durch die Japaner wurde später als Kriegsverbrechen eingestuft. Dem Autor gelingt dabei eine große Nähe zu den handelnden Figuren, vor allem zur Hauptfigur Dorrigo Evans, einem Arzt. Man meint fast selbst im Dschungel zu leiden.
Flanagan stellt diesen Ereignissen eine große Liebe gegenüber und schafft damit eine nicht mehr zu überbietenden Kontrast: Das Schönste und das Schlimmste, was ein Mensch erleben kann, sind in diesem Buch vereint. Lediglich ganz am Ende gerät der Autor in Sachen Liebesgeschichte gefährlich nahe an die Grenze zum Kitsch. Dennoch insgesamt ganz große Literatur!
Richard Flanagan: Der schmale Pfad durchs Hinterland.
Piper, September 2015.
448 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.