Rebecca Schaefer: Bis auf die Knochen

Market of MonstersSeit ihre Mutter sie vor ein paar Jahren von der Schule nahm, arbeitet Nita im Familienbusiness. Sie schnippelt Leichen auf, damit ihre Mutter, mit Hilfe des in den USA lebenden Vaters, Stücke dieser meistbietend im Darknet verkaufen kann. Dazu muss man wissen, dass es sich bei den angebotenen Leichenteilen um Körperteile von Monstern handelt. Wesen, die vom Schmerz anderer zehren, Einhörner oder Vampire – angeboten wird, was gefragt und damit teuer ist. Das Mutter-Tochter Gespann hat sich dabei nach Südamerika zurückgezogen. Nicht nur, dass hier die Gesetze lascher gehandhabt werden, in den Ländern gibt es auch schlicht mehr Beute für die Jägerin.

Eines Tages bringt die Mutter statt der üblichen Leiche allerdings ein lebendiges Opfer aus Argentinien mit nach Peru. Nita hat Mitleid mit dem jungen Mann, verhilft ihm zur Flucht. Schlechte Idee, ganz schlechtes Karma, ist ihre Mutter doch jetzt so etwas von sauer – dass sie ihre eigene Tochter gleich auf dem Schwarzmarkt für lebendige Übersinnliche am Amazonas verkauft. Denn Nita hat, wie ihre Mutter auch, übernatürliche Fähigkeiten. Sie kann willentlich ihren Körper verändern, sich selbst heilen. Hier trifft sie, festgehalten in einem Käfig, das erste Mal auf Kovit, einen Übernatürlichen, der sich vom Schmerz Anderer ernährt. Einen besseren Folterknecht als ihn gibt es nicht. Früher stand er in Diensten der Mafia, inzwischen arbeitet er auf Aufseher auf dem Market of Monsters. Die Beiden lernen sich kennen und schätzen – Nita weiß, dass sie nur mit seiner Hilfe dem drohenden Verkauf entkommen kann …

Rebecca Schaefer veröffentlichte ihre Market of Monsters-Trilogie zunächst als Webtoon-Adaption im Netz. Mehr als einhundert Millionen Leser genossen die Serie, bevor ein großer Verlag die Texte aufgriff und als Bücher publizierte. Nun hat die Trilogie also ihren Weg auf den deutschen Buchmarkt gefunden.

Der Ansatz dieser Urban-Fantasy ist ein klein wenig anders, als gewohnt. Die Welt, die Schaefer uns offeriert, wirkt ein wenig dunkler, brutaler und damit realistischer, als das, was wir sonst angeboten bekommen. Statt Vampir- oder Werwolfbeaus sind hier die Monster wirklich böse, eigentlich ist keine der auftretenden Figuren wirklich dem Guten verpflichtet. Auch unsere Erzählerin fügt sich recht willig in ihre Tätigkeit, die Leichen der Monster für ihre Familie zu sezieren, auseinander zu schnippeln und zu versenden.

Das Gebotene ist damit auch recht weit weg von den normalen Young Adult Romantasies, auch wenn es natürlich zwischen den Beiden knistert. Der Schwerpunkt liegt auf den dramatischen, weil lebensbedrohlichen Ereignissen. Die beschriebene Welt mit ihren übernatürlichen Wesen, die zumeist als gefährlich, wie in tödlich, dargestellt werden, dient dabei als interessante Kulisse.

Allerdings mangelt es dem Plot ein klein wenig an einer Figur, mit dem der Lesende sich wirklich identifizieren kann. Nita ist als Protagonistin zunächst zu duldsam, zu unkritisch gegenüber ihren eigenen Taten. Dann wird sie zum hilflosen Opfer, bevor sie spät doch noch initiativ tätig wird. Das macht sie als Erzählerin weder zum Opfer, mit dem wir Mitleid haben können, noch zum faszinierenden, weil morbiden Täter aus Überzeugung. Hier mangelt es dem Text über weite Strecken meines Erachtens an einer wirklichen Identifikationsfigur.

Insgesamt durch den ungewöhnlichen Ansatz zwar ein interessanter Auftakt einer Urban Fantasy-Trilogie, jedoch sind mir persönlich die Protagonisten nicht griffig genug gewesen.

Rebecca Schaefer: Bis auf die Knochen: Market of Monsters 01.
Aus dem kanadischen Englisch übersetzt von Jürgen Langowski.
Piper, Dezember 2022.
377 Seiten, Taschenbuch, 17,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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