Die 16-jährige Lynn lebt allein mit ihrer Mutter in einem alten Haus an einem Weiher, der ihnen zum Überleben verhilft. Denn Wasser, vor allem trinkbares, ist in der Zukunft ein seltenes Gut und wer es hat, lässt es sich teuer bezahlen. Deshalb sind die wichtigsten Aufgaben von Lynn die Verteidigung des kleinen Weihers und die Aufbereitung des dort gesammelten Wassers. Schießen hat sie schon sehr früh gelernt, mit fremden Menschen spricht sie nicht, sie schießt sie einfach ab. Als Lynns Mutter stirbt, verändert sich ihre Welt jedoch. Plötzlich ist sie auf die Hilfe ihres alten Nachbarn Stebbs angewiesen und lernt völlig neue Dinge kennen: Hilfsbereitschaft und Vertrauen.
Mindy McGinnis‘ Erstling beschreibt ein interessantes, aber nicht neues Dystopie-Szenario. Die Trinkwasservorräte der Erde sind weitgehend erschöpft, viele Millionen Menschen sind bereits verdurstet. Wer Wasser hat, hat die Macht. Davon erfährt man im Roman allerdings nur am Rande, denn Lynn und ihre Mutter leben zurückgezogen auf dem Land, wo selten Menschen vorbeikommen. Und wenn welche sich nähern, bringen sie selten ein Wort über die Lippen, bevor sie von Lynn oder ihrer Mutter erschossen werden. Erst allmählich erhält man als Leserin oder Leser deshalb Informationen dazu, was auf der Erde passiert ist und wie die Menschen allgemein damit umgehen. In weiten Teilen bewegt sich dieser Roman in einem überschaubaren Rahmen, der leider auch wenig Spannung zulässt. Alles plätschert wie ein kleiner Bach vor sich hin, ohne nennenswerte Ereignisse. Und doch lässt sich der Roman recht flüssig und gut lesen, was durchaus für die Autorin und die Arbeit der Übersetzerin spricht!
Lynn lernt in der Nähe ihres Hauses neben dem Nachbarn Stebbs, der durch eine alte Beinverletzung gehandicapt ist, auch noch andere Menschen kennen, unter anderem einen gleichaltrigen Jungen. Es wird schnell deutlich, dass Lynn „hinterm Mond“ aufgewachsen ist. Dies bringt die Autorin sehr gut rüber, denn Lynn kennt keinen Humor, kein Flirten und keine Hilfsbereitschaft. Mühsam lernt sie Einiges davon im Verlauf der Geschichte. Das ist glaubhaft umgesetzt und sorgt zumindest für einige nette Szenen in dem sonst eher langatmigen Geschehen. Es passiert allerdings einfach zu wenig in „Bis zum letzten Tropfen“. Durch die seltsame Erziehung der Protagonistin sollte es Teenagern ab 14 Jahren sogar schwer fallen, sich mit dem Mädchen zu identifizieren. Sie hat so gar nichts gemeinsam mit normalen Teenagern.
„Bis zum letzten Tropfen“ ist leider allenfalls nette Lektüre für Zwischendurch!
Mindy McGinnis: Bis zum letzten Tropfen.
Heyne, August 2014.
320 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.