Lisa O‘Donnells Roman „Die Geheimnisse der Welt“ ist komplett aus der Sicht eines Elfjährigen geschrieben, obwohl es kein Kinderbuch ist. Dieser literarische Trick hat Vorteile: Man sieht die Ereignisse durch die unverstellte, gradlinige, frische und manchmal etwas naive Sicht eines Kindes. Und Nachteile: Ähnlich wie Eltern, die den ganzen Tag nur mit Kindern zu tun hatten, sich abends nach einem Gespräch unter Erwachsenen sehnen, wünscht sich der Leser mit wachsender Seitenzahl, doch bitte endlich wieder in den Kopf einer älteren Figur eintauchen zu dürfen.
Inhaltlich geht‘s um eine Vergewaltigung, die zunächst eine Familie und später ein ganzes irisches Dorf an den Rand des Abgrunds bringt. In beiden Fällen sind das Schweigen und die Geheimniskrämerei Hauptgrund allen Übels. Man könnte den Roman also als Plädoyer für die Kommunikation auffassen.
Zweites – oft amüsantes – Thema sind die Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden mit ersten Küssen und Enttäuschungen.
Lisa O’Donnell: Die Geheimnisse der Welt.
Dumont, Juli 2015.
256 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.