Um es gleich zu Anfang zu sagen: Der dritte Band der Jahrhundertsaga hat mir deutlich besser gefallen als der Vorgänger. Vielleicht, weil Gut und Böse nicht mehr ganz so plakativ trennt, wie in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Leider gilt das hauptsächlich für Amerika, da gibt es JFK, der sicherlich als guter Amerikaner gilt, aber trotzdem nicht soviel für die Rechte der Schwarzen tut, wie George es sich wünscht. Überhaupt zeichnet Follett die amerikanischen Protagonisten recht differenziert, während die DDR für ihn ein Land aus Schwarz und Weiß zu bleiben scheint. Auf der einen Seite die ebenso hilflosen wie verzweifelten Demokraten, auf der anderen Seite die Stasi, die alles tut, um ihnen das Leben schwer zu machen. Da hilft es auch nichts mehr, dass Stasi-Mann Hans als psychopatische Ausnahmeerscheinung dargestellt wird. Es gibt das durch die Mauer getrennte Liebespaar, den Mann, der bei der Flucht bleibende körperliche Schäden davonträgt und auch sonst die üblichen Verdächtigen. England und London bleiben völlig blass, außer der Tatsache, dass dort Menschen leben, die Musik und Theater machen und baldmöglichst in die ganze Welt aufbrechen. Russland ist ein düsteres Land voller Lügen, Intrigen und kalter Gefängnisse.
Was also erzählt uns diese Trilogie? Im Großen und Ganzen erzählt sie uns die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, die wir ohnehin zu kennen glauben. Irgendeine Form von Aufarbeitung ist nicht enthalten. Aber: gekennzeichnet ist die Trilogie als „historischer Roman“, also als Erzählung anhand von fiktiven Einzelschicksalen. Und das wiederum leisten die Bücher auf sehr spannende, sehr unterhaltsame Art und Weise. Denn schreiben kann der Autor ganz ohne Zweifel. Ob es notwendig war, so kurz nach der Jahrhundertwende das vergangene Jahrhundert zu erzählen? Vielleicht, allerdings fehlen für die Vollständigkeit noch eine ganze Reihe Länder und Staaten, ja ganze Kontinente. Selbst wenn man sich nur auf die Parteien des Ersten Weltkrieges beschränken will, fehlen mindestens noch Italien, Frankreich, Spanien, Östereich. In einigen dieser Länder ist in den Jahren zwischen 60 und 90 auch einiges geschehen.
Wir haben also eine unvollständige Erzählung über das letzte Jahrhundert vorliegen. Aber wenigstens ist es unterhaltsam. Und darum hat sich das Lesen trotzdem gelohnt. Es sollte nur keiner glauben, damit echte Kenntnisse über die Jahre 1900 bis 2000 erlesen zu haben.
Ken Follett: Kinder der Freiheit.
Bastei Lübbe, September 2014.
1216 Seiten, Gebundene Ausgabe, 29,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.