Kealan Patrick Burke: Kin

kinKennen Sie die, fast bin ich geneigt zu sagen, beliebten Geschichte über Südstaaten-Redecks, die sich in ihrer verarmten Umgebung zur allabendlichen Belustigung unschuldige Touristen schnappen, sie foltern, vergewaltigen und dann aufessen?

Ja, ich weiß, Entsprechendes hat man, haben sie schon ein paar Mal kredenzt bekommen.
Edward Lee, Jack Ketchum oder auch Richard Laymon kommen hier ins Gedächtnis und doch liest sich Kealan Burkes „Kin“ ähnlich, aber doch ganz anders.

Wer mit dem üblichen Grauen, unappetitlichen Speiseorgien und grausamen Folterszenen rechnet, der wird diese finden, doch wo andere Autoren sich ganz auf den Splatter, auf die grausamen Folterspielchen konzentrieren, geht Burke tiefer.

Sowohl seine Protagonisten – Helden mag ich diese geschundenen Wesen nun wahrlich nicht nennen – als auch ihre Antagonisten sind charakterlich glaubwürdig gezeichnet. Zwar stoßen wir immer wieder auf Szenen, die wir in Romanen der Konkurrenz so ähnlich bereits kennengelernt haben, doch im Detail, in der nachvollziehbaren Motivation der Beteiligten und der sehr bildhaften Sprache liegen die besonderen Stärken des Romans.

Im Original meines Wissens zunächst im Eigenverlag publiziert – die Amerikaner blicken hier, gerade was die Horror-Szene anbetrifft, neidvoll nach good ole Germany, das mit Festa, Luzifer und Voodoo drei entsprechende Schwergewichte hat, die in sehr liebevoll und kenntnisreich gestalteten Editionen entsprechende Titel publizieren – überzeugt der Roman auf der ganzen Linie.

Alles beginnt damit, dass Claire, eine geschundene, misshandelte und gefolterte junge Frau eine einsame Straße bei Elkwood, Alabama entlangtaumelt. Vor ein paar Stunden noch waren sie zu viert unterwegs, um vor der Highschool noch ein wenig zu relaxen. Jetzt sind ihre Begleiter tot, sie selbst hat Zehen, Finger und ein Auge eingebüßt, nun soll sie gehäutet und verzehrt werden.
Dass sie fliehen kann erweist sich für einen Farmer, der sie aufsammelt und den sie behandelnden Arzt als tückisch – suchen doch die Folterknechte die Retter auf, und hinterlassen weitere Leichen.
Als die junge Frau nach Hause kommt, findet sie im heimischen Ohio keine Ruhe. Der Bruder eines ihrer Begleiter, ein früherer Marine beschließt, das Recht in die eigene Hand zu nehmen, nachdem die offiziellen Stellen den Fall zu den Akten gelegt haben. Zusammen mit einem Kameraden macht er sich auf, den Perversen in Elkwood ein wenig ihrer eigenen Medizin zu kosten zu geben. Auch Claire begibt sich, begleitet vom Sohn des Farmers, der sie gerettet hat zurück an der Ort ihrer Marter – wo sie schon vom örtlichen Sheriff erwartet wird …

Das Besondere am Text von Burke ist die Intensität mit der uns der Autor in seine Handlung zieht. Mit Adjektiven gespickt lässt er Archetypen vor dem inneren Auge des Lesers auferstehen, lässt uns tief in die Gefühlswelt seiner Figuren eintauchen und schafft es dabei das Grauen und die ekelhaften Elemente nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Bei ihm bleiben die Gestalten die Hauptpersonen, ihre Motivation, ihre Ängste und Psychosen, die sie an- und umtreiben.

So liegt ein packendes, unheimlich intensives Buch vor, das den Leser über die Darstellung seiner Figuren packt und nicht mehr loslässt.

Kealan Patrick Burke: Kin.
Voodoo Press, Mai 2015.
440 Seiten, Taschenbuch, 13,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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