Stefan Koldehoff, der Kenner des großen Meisters van Gogh, gewährt anhand 43 kleiner Geschichten, die sich um van Gogh-Gemälde ranken, interessante Einblicke in den Kunstmarkt.
In seinem Vorwort schreibt der Autor, dass Kunstwerke Zeitzeugen sind, die nicht mit ihren Motiven, ihrer Technik und den Umständen ihrer Entstehung, sondern mit dem Wechsel ihrer Besitzer durch Jahrzehnte und Jahrhunderte zusammenhängen.
Weil Vincent van Gogh schon bald nach 1900 durch Ausstellungen und Bücher zum Musterkünstler der Moderne stilisiert wurde, wird dies an seinem Beispiel besonders deutlich. Zudem hielten seine Erben den Nachschub für den Kunstmarkt knapp und so wurden seine Gemälde und Zeichnungen zu Trophäen der Kulturelite auf der ganzen Welt.
Wie Koldehoff schreibt, sind zahlreiche Werke van Goghs scheinbar von der Bildfläche verschwunden, seit sie das letzte Mal öffentlich den Besitzer gewechselt haben. Sie befinden sich heute in privaten Sammlungen oder in den Bankschließfächern von Investmentgesellschaften in Steuerparadiesen.
Weiter lesen wir von der geheimsten privaten van Gogh-Sammlung, die sich in einem kleinen Dorf vierzig Kilometer nordwestlich von Paris befand und van Goghs Arzt gehörte. Manche der Bilder hatte van Gogh ihm geschenkt, andere hatte er ihm als Bezahlung für die Behandlung seines Bruders überlassen.
Koldehoffs Nachforschungen führen unter anderem zu berühmten Filmstars und Schriftstellern, die Besitzer von van Gogh-Gemälden waren. So zum Beispiel die Filmdiva Liz Taylor, deren Vater Kunsthändler war und in London ein van Gogh-Gemälde für seine Tochter ersteigert hatte. Auf ihrer Yacht hatte sie sogar einen Raum für ihre Kunstwerke eingerichtet. Auch Erich Maria Remarque, der Autor von „Im Westen nichts Neues“ besaß van Gogh-Gemälde.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden insgesamt zwölf van Gogh-Werke, die sich zeitweise im Besitz von Hermann Göring nachweisen lassen (vier davon waren sein Privateigentum) aus Deutschland gerettet.
Andere van Gogh-Bilder wurden unerwartet in Trödelläden in London gefunden oder vor den Steuerbehörden in Offshore-Trusts und Kellern verborgen.
Viele weitere Ausführungen über van Goghs Werke und ihre ungewöhnlichen Reisen von der Staffelei des Malers weg zu seinen Besitzern sind fundiert fachkundig und gleichzeitig kurzweilig und spannend beschrieben.
Stefan Koldehoff: Ich und Van Gogh: Bilder, Sammler und ihre abenteuerlichen Geschichten.
Galiani Berlin, April 2015.
192 Seiten, Taschenbuch, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.