Kai Wiesinger: Zurück zu ihr

Das Romandebüt des Schauspielers Kai Wiesinger („Kleine Haie), „Zurück zu ihr“, bleibt erzählerisch kraftlos. Der 50-jährige Jan fährt zum Klassentreffen nach Hannover – ein Setting voller Möglichkeiten für Selbstbefragung, Umwege und Brüche. Doch statt psychologischer Tiefe bietet der Roman vor allem Alltagsbanalitäten. Jans Rückblick auf Ehe, verpasste Chancen und Jugendliebe wird zu einem breiten Bewusstseinsstrom, der mehr wiederholt als enthüllt.

Wiesinger schildert Staus, Routinen und Klassentreffen-Anekdoten in ausufernder Detailfreude, ohne sie dramaturgisch zu schärfen. Die Figuren bleiben blass: Ehefrau Svenja und Jugendliebe Anja wirken eher wie Folien für Jans Selbstbespiegelung als wie eigenständige Charaktere. Nur eine Autopanne sorgt für Witz und Tempo – ein Hinweis darauf, dass der Autor durchaus Sinn für Situationskomik hat.

Doch diese stärkeren Momente bleiben Ausnahmen. Sobald es auf das eigentliche Zentrum – die Konfrontation mit der Vergangenheit – zugeht, fällt die Erzählung zurück in langatmiges Grübeln. So wirkt „Zurück zu ihr“ weniger wie ein Roman als wie ein überdehntes inneres Protokoll der Midlife-Crisis. Wer auf eine literarisch dichte Auseinandersetzung mit Lebensmitte und verpassten Chancen hofft, dürfte enttäuscht werden.

Kai Wiesinger: Zurück zu ihr
Fischer Scherz, November 2025
256 Seiten, gebundene Ausgabe, 22 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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