Vor kurzem hat Bailey Carpenter ihre Eltern kurz hintereinander verloren. Das und der schwelende Erbschaftsstreit mit ihren Stief- und Halbgeschwistern machen ihr zu schaffen. Trotzdem arbeitet sie erfolgreich als Privatermittlerin für eine angesehene Anwaltskanzlei in Miami. Bis sie während eines Auftrags überfallen und vergewaltigt wird, von einem Unbekannten, von dem sie nach nicht allzu langer Zeit denkt, ihn an jeder Straßenecke wiederzuerkennen. Oder besser nicht „jeder Straßenecke“, denn sie traut sich kaum bis gar nicht mehr aus dem Haus. Wenn sie schläft hat sie Albträume und wenn sie wach ist, durchsucht sie zwanghaft die Wohnung nach möglichen Angreifern. Aber es gibt ja noch die Nachbarn, die Bewohner des gegenüberliegenden Hochhauses und den Ex-Freund. Es dauert nicht lange, bis sie niemand mehr ernst nehmen kann. Ausgerechnet da beobachtet sie einen Mord in der Wohnung gegenüber. Sie weiß, sie kann nicht schon wieder die Polizei anrufen, aber wird sie es schaffen sich zusammenzureißen und etwas zu unternehmen?
Der Thriller ist sehr geschickt aufgebaut und versuche hier mal, das zu beschreiben, ohne zu Spoilern. Vordergründig stammen Baileys Angstgefühle von der Vergewaltigung, nach kurzer Zeit wird jedoch klar, dass sie durch den Familienzwist ohnehin angeschlagen war. Und auch das erweist sich nur als Spitze des Eisbergs. Die Familie, mit der sie Streit hat, erweist sich als hilfreich und der leibliche Bruder, der eigentlich auf ihrer Seite war, erweist sich plötzlich als Problem. Weder Bailey selbst, noch der Leser erkennt bis zum Ende, welches miese Spiel hier eigentlich mit ihrer gespielt wird. Die Gründe für ihr immer wiederkehrendes Durchdrehen sind derart offensichtlich, dass man alle anderen Spuren übersieht.
Fazit: Spannend bis zum Schluß, sehr gut aufgebaut und am Ende auch glaubhaft und keine langweilige Psychostudie.
Joy Fielding: Sag, dass du mich liebst.
Goldmann, September 2014.
448 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.