Wenn sich „Pulp Fiction“ und „Das Leben des Brian“ auf literarischem Parkett begegnen, ist humoristischer Hochgenuss garantiert. Der neue Geniestreich des schwedischen Erfolgsautors Jonas Jonasson nimmt die Kirche, die Unterwelt und die Medien in einem Gag-Feuerwerk aufs Korn. Schwarzer Humor und charmante Untertöne halten gekonnt die Balance. Der Plot ist liebenswert böse, ohne boshaft zu sein.
Zur Geschichte: Per Persson, Rezeptionist in einem heruntergekommenen Hotel, lernt die arbeitslose, da atheistische Pfarrerin Johanna Kjellander kennen. Hinzu stößt der aus dem Gefängnis entlassene Johan Andersson, auch bekannt als Mörder Anders. Dieser ist etwas einfältig, aber liebenswert, wenn er nicht unter Einfluss von Alkohol und Pillen steht, die Beherrschung verliert und Äxte in seinem Gegenüber versenkt. Schwedens Unterwelt ist an seinen Diensten interessiert. Das Trio gründet eine „Körperverletzungs-Agentur“, um Gelder und Gefälligkeiten für ihre Auftraggeber zu erpressen. Allen voran für den Unterweltboss „Der Graf“ und seine Gräfin. Doch Mörder Anders nimmt sich Johannas Bibelzitate zu Herzen und recherchiert auf eigene Faust in Psalmen und Evangelien. Folge: Er findet zu Jesus und sieht sich außerstande, weiterhin Kiefer und Kniescheiben zu brechen.
In einem letzten Coup kassieren Johanna und Per bei den Gangstern ab – für Aufträge, die nie ausgeführt werden. Anschließend tauchen sie unter. Dies gestaltet sich als schwierig, da Mörder Anders auf der Flucht dazu neigt, große Geldsummen an die Heilsarmee oder das Rote Kreuz zu verschenken. Plötzlich wird der gefürchtete Mörder Anders von der Presse als neuer Robin Hood gefeiert. Johanna und Per planen einen weiteren Coup. Die Gründung der Anders-Kirche mit dem geläuterten Mörder an der Spitze. Ihre Glaubensrichtung basiert auf zwei Botschaften:
1. „Geben ist seliger als nehmen“ – vor allem in Bezug auf Spendengelder, die zum Großteil von Johanna und Per eingestrichen werden.
2. „Wir trinken Jesu Blut“ – denn der Wein schenkte Noah ein 950-jähriges Leben.
Obwohl Mörder Anders außer Hosianna und Halleluja verbal kaum Inhalte vermittelt, wird die Kirche zum Erfolg, was vor allem an Punkt zwei liegt. Beziehungsweise am großzügigen Ausschank von Messwein, der zu größerer Heiterkeit und somit zu größerer Spendenbereitschaft führt.
Doch im Hintergrund bahnt sich neues Unheil an: Der geprellte Graf und seine Gräfin sinnen auf Rache und ein übereifriger Kirchendiener besteht auf die Einhaltung bisheriger Ordnungen.
Jonas Jonasson, der Autor des Bestsellers „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“, begeistert mit überraschenden Wendungen, aberwitzigen Dialogen und sehr frei ausgelegten Bibelzitaten. Seine Charaktere navigieren mit viel Fantasie durch die Widrigkeiten des Lebens. Ein Mörder, der Jesus findet, agiert mit einer Pfarrerin, die vom rechten Weg abgekommen ist. Ein Bordell-Rezeptionist findet in wahrer Nächstenliebe den Sinn des Lebens. Obwohl seine Gleichung „mit der einen Hand geben, während die andere Hand das Doppelte einstreicht“ nicht jedermanns Geschmack trifft …
Empfehlung: lesen, lachen und sich ein Glas Rotwein dazu genehmigen.
Jonas Jonasson: Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind.
carl’s books, April 2016.
452 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.