Jen Calonita: Disney Twisted Tales: Elsas Suche

So gut wie jeder kennt die Geschichte von Disneys Eiskönigin. Die zwei Schwestern, die immer zusammenhalten und gemeinsam jede Hürde überwinden. Doch was wäre, wenn Elsa und Anna sich nie kennengelernt hätten?

Prinzessin Elsa ist alleine in ihrem Schloss aufgewachsen, mit keiner Gesellschaft als der ihrer Eltern und einiger Dienstboten. Die Einsamkeit, die sie von jeher gefühlt hat, verstärkt sich noch, als ihre Eltern plötzlich frühzeitig bei einem Schiffsunglück ums Leben kommen. Elsa ist nun alleine für ihr Reich verantwortlich und muss sich darauf vorbereiten, den Thron zu besteigen. Doch irgendetwas stimmt nicht mit ihr: Immer wieder wird sie von kurzen Erinnerungen heimgesucht, die nicht ihre eigenen zu sein scheinen. Und dann ist da noch die Magie, die plötzlich auftaucht und die sie nicht kontrollieren kann. Statt sich auf ihre Aufgaben als Königin vorzubereiten, muss sie sich mit tausend Fragen herumschlagen: Wussten ihre Eltern von ihrer Macht, Eis und Schnee zu zaubern? Warum haben sie nie etwas gesagt? Und wer ist das kleine Mädchen mit den roten Haaren, an das sie sich immer wieder erinnert, das sie aber noch nie gesehen hat?

Anna wächst bei ihren Zieheltern in einer kleinen Bäckerei auf. Sie liebt ihre Arbeit dort und verzaubert den ganzen Ort mit ihren Schneemannplätzchen und weiteren einzigartigen Kreationen. Doch obwohl sie das Backen liebt, fehlt ihr etwas in ihrem Leben. Sie kann es nicht zuordnen, aber irgendetwas zieht sie nach Arendelle und fort aus ihrem kleinen Ort. Ihre Eltern wollen jedoch nichts davon wissen. Warum lassen sie Anna nicht fortgehen? Was ist es für ein Geheimnis, das sie hüten?

Und was geschah tatsächlich in der Kindheit der beiden Mädchen, das nun dafür sorgt, dass sie entfernt voneinander aufwachsen und sich unter keinen Umständen jemals begegnen dürfen?

Die Idee des Buches ist definitiv gut und es ist spannend, einen neuen Blickwinkel auf die altbekannte Geschichte zu bekommen. Die Autorin schafft es, Situationen aus dem Film in einer amüsierend verdrehten Art in diese neue Situation einzubauen. Dadurch dass die Geschichte abwechselnd aus Annas und Elsas Sicht geschrieben ist, entsteht eine ungeduldige Spannung beim Leser. Einschübe von weiteren Besonderheiten verstärken dieses Gefühl noch – so etwa Kapitel aus der Sicht von Prinz Hans, der hier im Buch die Chance bekommt, seine Bosheit wirklich auszuleben und seinen Charakter noch mehr einzubringen als es im Film der Fall ist.

Soweit ist das Buch definitiv gut, eine besondere Idee und eine schöne Ergänzung für Fans der Filme, auch wenn es streckenweise ein wenig oberflächlich ist und etwas von der tiefgründigen Dramatik verliert, die die Filme aufweisen. Dramatik ist hier nur in der Handlung gelegen, nicht in den Emotionen der Protagonisten.

Was leider weniger gelungen ist, ist die Übersetzung. Die Autorin selbst schiebt immer wieder Zitate aus dem Film und seinen Liedern ein, was dem Buch einen besonderen Wiedererkennungswert gibt und den Leser begeistert. Allerdings sind diese Zitate eins zu eins übersetzt. An sich ist das natürlich etwas Gutes. Da aber die Synchronisation der Filme ins Deutsche stark abweicht, was die genauen Wortlaute angeht, wird bei einem Leser, der nur die deutsche Version der Filme kennt, keine Wiedererkennung auftauchen. Das ist sehr schade, da das Buch sich an eine jüngere Zielgruppe richtet, von der leider nicht viele die Originalfassung kennen werden. Die genialen Einschübe der Autorin werden also gar nicht als solche erkannt – was fatal ist, denn darin liegt die Stärke dieses Buches. Es wäre nicht viel Aufwand gewesen, zumindest teilweise Zitate aus der deutschen Filmfassung zu übernehmen und die junge Leserschaft nicht um dieses Erlebnis zu bringen. Wenn es im Original (Buch und Film) heißt: „Make one wrong move and everyone will know“, in der deutschen Übersetzung des Buches: „Eine falsche Bewegung und alle werden die Wahrheit erfahren“ (S. 82) und in der deutschen Filmfassung: „Ein Fehler nur und alles ist vorbei“, dann weiß man zwar, welche Szene gemeint ist, die präzise Arbeit der Autorin geht jedoch komplett verloren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die englische Originalausgabe des Buches vermutlich vielen Fans der Geschichte gut gefällt und dass jeder deutsche Leser, der über die genannten Probleme der Übersetzung hinwegsehen will, auch seine Freude damit haben kann. Geschichte und Handlung sind wie gesagt spannend und bringen einen immer wieder zum Schmunzeln.

Jen Calonita: Disney Twisted Tales: Elsas Suche.
Aus dem Englischen übersetzt von Ronald Gutberlet.
Carlsen, März 2021.
320 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Isabella M. Banger.

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