Mit „Zu zweit“ aus dem Jahre 1936 schließt der Knaus-Verlag seine Irène- Némirovsky-Reihe ab, die zehn Jahre zuvor mit einem legendären Werk der 1903 geborenen französischen Schriftstellerin begann: „Suite française“, jenem erst 1996 wiederentdeckten Roman. Die aus Russland stammende Jüdin starb 1942 in Auschwitz.
In „Zu zweit“ zeigt sie, wie die Beziehung zweier Menschen, Antoine und Marianne, sich im Laufe eines Lebens verändert. Aus einer ungestümen, spielerischen Liebelei wird eine Ehe, in der sich die Partner zwar immer noch brauchen, die Gefühle füreinander aber seit Jahren erloschen sind. Die Scham über vergangene Seitensprünge, Streitigkeiten und gegenseitige Verletzungen, der Tod der Eltern, die eigene Gesundheit und die Sorge um Kinder und Finanzen drücken beiden Partnern aufs Gemüt und töten jede Leichtigkeit. Auch auf das Liebesleben von Freunden und Verwandten des Paars geht der Roman ein.
Anders als bei anderen Némirovsky-Werken merkt man diesem Roman an, dass er fast 80 Jahre alt ist. Die Figuren gehen innerhalb ihrer Familien – und selbst dann, wenn sie miteinander liiert sind – seltsam steif miteinander um. Man leistet sich auch dann noch eine Gouvernante oder einen Hausdiener, wenn man kurz vor dem Bankrott steht.
„Zu zweit“ ist ein Roman, in dem das (zumeist düstere) Innenleben der Figuren und ihre Gefühle im Mittelpunkt stehen. Der Fortgang der Handlung ist nebensächlich.
Das darf man als Leser zwischenzeitlich auch nervig finden – zumal, wenn man das Gefühl hat, diese und jene Wendung schon ein paar Seiten vorher in ähnlicher Weise gelesen zu haben.
Und doch bleibt unbestritten, dass Irène Némirovsky eine großartige Autorin von ausgeprägter Stilsicherheit war – und in der Lage, selbst kleinste Nuancen des Zwischenmenschlichen zu erkennen und in Worte zu fassen. Letztlich ist es auch historisch interessant zu sehen, wie Vertreter des Großbürgertums im Paris der 20er-Jahre lebten.
Und doch: An die ganz großen Némirovsky-Romane Romane wie „Suite française“ reicht dieses Werk nicht heran.
Irène Némirovsky: Zu zweit.
Knaus, Oktober 2015.
256 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.