Danae Lake: Ganz aus Splittern

Christine ist gut in der Schule. Nur leider ist ihre Schule keine gute. Sie wächst in einem Problemviertel auf, bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Jetzt ist sie 16 und träumt davon, Abitur zu machen und alles hinter sich zu lassen. Aber in ihrer Gesamtschule ist nicht einmal sicher, ob überhaupt eine Abiturklasse zusammenkommt. Zu Hause döst die tablettensüchtige Mutter vor sich hin und der brutale Stiefvater ist gerade abwesend. Da bietet sich ihr eine einmalige Chance. Im Zuge eines Sozialprojektes soll sie auf ein Elitegymnasium ihrer Stadt wechseln. Aber sie will zunächst nicht, möchte sie doch nicht als Versuchskaninchen dienen. Erst als die Verhältnisse unerträglich werden, zieht sie einen Wechsel in Betracht.

In diesen Roman der gerade 18-jährigen Danae Lake ist viel verpackt. Viel Stoff und auch viel Wahrheit. Da ist zunächst mal das Problem von guten und schlechten Schulen. Kann man wirklich besser arbeiten, wenn das Umfeld angenehmer ist? Es ist schon schöner, wenn man sich Experimente nicht nur vorstellen, sondern sogar durchführen kann, weil alles vorhanden ist. Auch die Stimmung in der Klasse ist viel besser. Außerdem hat es auch Vorteile, wenn die Eltern in Positionen sind, die etwas bewirken können, wie Christine später lernt. Obwohl sie ihre neuen Mitschüler mit jeder Menge Vorurteilen betrachtet, kommt sie wenigen doch näher. Zum Beispiel Alex, dass dessen Vater Anwalt ist, wird später noch eine große Rolle spielen. Alle Protagonisten haben Fleisch und sind sehr glaubhaft dargestellt.

Christine balanciert zwischen den beiden Welten und weil sie intelligent ist und sich mit guten Menschen umgibt, wo immer sie kann, gelingt ihr das auch. Sogar ihr alter Freund Tjard und ihr neuer Freund Alex lernen, sich zumindest zu respektieren. Trotzdem ist noch lange nicht alles gut, den in ihrem Zuhause bricht gerade alles zusammen. Ihr brutaler Stiefvater kehrt zurück und ihre Mutter hat sich in den Kopf gesetzt, dass sie von der Schule abgehen und Geld verdienen soll (I feel you Christine). Trotz aller Anstrengungen und Erfolge scheint ihre Zukunft also doch wieder ungewiss.

Im ersten Durchgang hat mich dieses Buch total überzeugt. Es ist mitreißend geschrieben und thematisiert wichtige Themen, wobei Danae Lake allzu klischeehaftes geschickt umschifft, nicht immer, aber meistens. Es ist empfohlen ab 14 und da werde ich nachdenklich. Denn die Geschichte ist nicht nur brutal, sie löst sich auch in Wohlgefallen auf. Am Ende wird alles gut, aber so einfach ist das nicht. Im letzten Drittel muss Christine wirklich furchtbare Dinge erleben, die ihr zwar deutlich und gut beschrieben nahegehen, die sie letztendlich aber einfach wegsteckt. Auch die Entscheidung gegen die eigene Mutter – und sei sie noch so schlecht – ist für eine 16-Jährige nicht so einfach. Es entsteht der Eindruck, man selbst müsse nur alles richtig machen und die richtigen Leute in sein Leben lassen, dann wird schon alles gut. Das ist für mich eine problematische Botschaft. Was macht das mit den vielen Menschen im realen Leben, die daran glauben und scheitern und scheitern und scheitern?

Fazit: Ein tolles Buch, das viele wichtige Themen darstellt, jugendbuchgerecht gut ausgeht, jedoch nicht unreflektiert konsumiert werden sollte. Auch die Triggerwarnungen stehen da nicht umsonst und sollten in diesem Fall ernst genommen werden. Denn Danae Lake gelingt es an manchen Stellen zu gut, den Leser ins Kopfkino mitzunehmen.

Danae Lake: Ganz aus Splittern
Thienemann, 03 / 25
320 Seiten, Taschenbuch 16 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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