Daan Heerma van Voss’ Roman Heute kein Abschied ist eine Familienchronik, die sich um das plötzliche Ableben des Vaters Oskar van Bohemen dreht. Die Geschichte begleitet seine erwachsenen Kinder Tessel, Moor und Cat sowie seine Ex-Frau Elise in den Tagen nach seinem Tod. Was folgt, ist eine vielschichtige Auseinandersetzung mit Erinnerungen, Geheimnissen und den unausgesprochenen Bindungen, die Familien zusammenhält.
Positive Aspekte
- Authentische Charaktere und Perspektivenwechsel: Heerma van Voss schafft es, jedem Familienmitglied eine eigene Stimme zu geben. Durch den Wechsel der Perspektiven und die Einführung eines allwissenden Erzählers in Intermezzos wird die Geschichte lebendig und vielschichtig. Die Charaktere sind realistisch, mit ihren kleinen Macken und Schwächen, was sie für den Leser greifbar macht.
- Emotionale Tiefe und Identifikation: Das Buch behandelt universelle Themen wie Trauer, Versöhnung und das Suchen nach Identität. Die Auseinandersetzung mit dem Tod eines Elternteils, das Aufräumen des Elternhauses und das Entdecken von Familiengeheimnissen sind berührend.
- Stilistische Stärken: Die Sprache ist klar, mit humorvollen und unterkühlten Passagen. Besonders die Dialoge und die Beschreibung von Alltagsmomenten sind treffend und authentisch. Die Erzählung bleibt trotz der Schwere des Themas leichtfüßig und liest sich flüssig.
- Ansprechende Struktur: Die kurzen Kapitel und die sorgfältige Komposition geben dem Roman Tempo und halten die Spannung aufrecht.
Negative Aspekte
- Manchmal überladen oder ausschweifend: Einige Passagen wirken zu langatmig oder überflüssig, etwa wenn Nebenfiguren wie die Freundin Juu eingeführt werden. Kürzungen hätten dem Roman gutgetan.
- Unausgereifte Spannungsbögen: Das Ende des Romans wirkt etwas schwach und allzu sentimental, nahe an der Grenze zum Kitsch. Die eigentliche Spannungskurve hat bereits vorher ihren Höhepunkt erreicht.
Daan Heerma van Voss: Heute kein Abschied
übersetzt aus dem Niederländischen von Gregor Seferens
Diogenes, Mai 2025
496 Seiten, gebundene Ausgabe, 26 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.