Wie heißt das gute, alte Sprichwort – wer eine Reise tut, der kann etwas erzählen.
Nun, Francie ist als Trauzeugin ihrer ehemaligen College-Zimmergenossin eingeplant und fliegt Anfang Juli in den tiefen, heißen Süden der USA. Ausgerechnet in Roswell, New Mexico möchte ihre Freundin ihrem Zukünftigen ihr Jawort geben. Dass der Bräutigam ein UFO-Anhänger ist, dass zu gleicher Zeit in Roswell die jährliche Tagung der UFO-Fanatiker stattfindet, ahnte Francie noch nicht, bis sie am Flughafen versucht, einen PKW zu mieten.
Kaum in Roswell angekommen, findet sie sich allein und verlassen wieder. Ihre Freundin ist mit den letzten Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt, der Bräutigam, wie all die Fans der Außerirdischen, auf dem Weg zu einem vermeintlichen neuen Absturzort eines UFOs.
Francie soll eigentlich nur etwas aus dem SUV ihrer Freundin holen – dumm dabei, dass etwas, das wie ein Steppenläufer mit jeder Menge Tentakel aussieht, sie im Auto bereits erwartet und zwingt, mit ihm zusammen in die Wüste zu fahren.
Dabei war sie sich so sicher, dass es Aliens, zumindest aktuell und schon gar nicht hier, überhaupt nicht gibt!
Richtig blöd gelaufen, zumal das Alien mitnichten eine Invasion der Erde zu planen scheint. Zusammen mit weiteren Gefangenen soll sie dem Gestrandeten eher – helfen?
Connie Willis gehört zu den Grand Dames der modernen Science Fiction. Ihre meisterhaften Zeitreisegeschichten gehören zu den Klassikern des Genres, wurden mit Preisen überhäuft und setzten Massstäbe.
CrossCult legt nun ihren neuesten Roman vor – einen Text, in und mit dem sie sich selbst untreu wird. Statt sorgfältig recherchierter Ausflüge in frühere Zeiten und vielschichtige Charakterzeichnungen präsentiert sie uns eine durchaus amüsant und kurzweilig zu lesende SF-UFO-Pastiche.
Auffällig dabei, dass sie sich durchaus gekonnt bemüht, uns spitzig zu unterhalten. Geschickt greift sie dabei Stereotype der UFO-Szene auf, überrascht dann wieder mit einem Alien, der so ganz anders daherkommt, als wir dies gemeinhin erwarten. Nichts mit kleinem, zarten Körper, großem Kopf und Augen – ein Steppenläufer-ähnliches Wesen mit jeder Menge ausfahrbarer Tentakel – Indi genannt (raten sie mal warum – Tentakel & Peitsche …) ist es. Und auch kein blutrünstiger Eroberer erwartet uns, sondern eher ein verzweifeltes Wesen, dass nichts lieber möchte, als wieder weg von dem komischen blauen Planeten und seiner verrückten Bewohner. Dafür aber muss er erst mal seine Mission absolvieren – und braucht Hilfe.
Da Gebotene ist unterhaltsam, manches Mal sehr lustig, dann wieder beleuchtet die Verfasserin allzu menschliche Schwächen und Neigungen.
Allerdings kann man vorliegenden Roman nicht wirklich mit Willis sonstigem Œuvre vergleichen. Dort geht es deutlich tiefgründiger zu, sind die Charakterentwicklungen und Figurenbeschreibungen ausgefeilter. Vorliegend geht es darum, uns zu unterhalten – man merkt dem Plot an, dass auch die Autorin beim Verfassen desselben viel Spaß hatte und ihr Ziel erreicht. Ergo, wer auf der Suche nach einer durchaus spitzigen, etwas anderen Urlaubslektüre ist, der wird hier fündig werden.
Connie Willis: Die Straße nach Roswell
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Katrin Aust
CrossCult, August 2024
523 Seiten, Taschenbuch, Euro 18,00
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.