Christiane Franke & Cornelia Kuhnert: Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke

Martha Frisch und Vera Malottke wohnen im ostfriesischen Leer von 1958 und sind Nachbarinnen. Während Martha Geschäftsinhaberin einer Heißmangel ist, legt Vera offiziell die Karten für betuchte Herren. Der wirtschaftliche Aufschwung ist besonders bei der mondänen Vera zu sehen, die einen roten Sportwagen fährt und ihre Wohnung modern eingerichtet hat. Natürlich glauben viele zu wissen, dass Fräulein Malottke nicht nur mit Karten reich geworden ist. Das Gerede über sie hätte so weiter gehen können, wenn Vera nicht Opfer eines Unfalls geworden wäre. Die örtliche Presse präsentiert das Foto ihrer Leiche und heizt damit neue Spekulationen an. Nur Martha lässt sich von den hetzenden Reden ihrer Kundinnen nicht anstecken. Denn sie mochte Vera und findet die Zurschaustellung ihres wehrlosen, leicht bekleideten Körpers alles andere als angebracht.

Kurz darauf wird Richard, der Sohn einer Freundin, verhaftet. Für Kriminalkommissar Onnen ist der junge Mann der ideale Verdächtige. Schließlich kannte er die ‚Dame‘ von früher und ist erst vor ein paar Tagen aus dem Gefängnis entlassen worden. Seine Parole lautet: Wer einmal verurteilt worden ist, gehört zu den Gewohnheitsverbrechern. Dagegen gehören Veras Malottkes Kunden, alles Herren aus der ersten Gesellschaft, ausnahmslos in die Kategorie des ehrlichen, anständigen Bürgers und genießen ohne Zweifel die Unschuldsvermutung.

Die offenkundig schlampige Ermittlung geht Martha gegen den Strich. Jeden Tag stellt sie ihrem Neffen Hans, der Onnen dienstlich unterstellt ist, kritische Fragen. Dass es mehr als Fragen braucht, um Richard zu helfen, wird Martha schnell klar. Sie erinnert sich, wie ihr verstorbener Mann früher seinen Polizeidienst verrichtet hat und dass Richard ihre private Recherche dringend benötigt.

Die Autorinnen Christiane Franke und Cornelia Kuhnert haben mit dem Auftakt ihrer neuen Serie ‚Frisch ermittelt‘ eine moderne Version der Miss Marple geschaffen. Martha Frisch gehört mit Ende Fünfzig noch lange nicht zum sogenannten alten Eisen. Im Vergleich zu den anderen Frauen hat sie einen Führerschein und ist finanziell unabhängig. Dabei hat sie sich diese Freiheit nicht ausgesucht. Denn ihr Hermann, der unter seltsamen Umständen kurz vor Kriegsende eingezogen wurde, kam mit einer Erblindung zurück. Statt wie alle anderen Frauen nach der Rückkehr ihrer Männer in die zweite Reihe zurückzukehren, muss sie für ihren gemeinsamen Lebensunterhalt sorgen. Martha ist aus diesen Gründen eine unabhängige Frau mit eigenem Kopf. Und was sie von ihrem inzwischen verstorbenen Mann gelernt hat, setzt sie im Alltag um.

Die Autorinnen erzählen die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven, so dass man bei der Lektüre mehr weiß als die privat ermittelnde Martha. Schnell ergeben sich die üblichen Verdächtigen mit ihren unterschiedlichen Tatmotiven, die Onnen stoisch ignoriert. Was Martha nur ahnt, erfährt man bei der Lektüre aus erster Hand und folgt dem kurzweiligen sommerlichen Treiben, das neben den reifen Kirschen auch verborgene Schicksale und furchtbares Unrecht im Kontext der Zeit offenlegt.

Neben Martha gibt es noch weitere Frauenfiguren, die sich von Männern oder Vätern nicht mehr bevormunden lassen wollen. Die damit verbundenen Konflikte sorgen für eine breit angelegte und abwechslungsreiche Unterhaltung.

Das bewährte Erfolgsrezept von Christiane Franke und Cornelia Kuhnert, der Krimilandschaft eine friesische Note beizumischen, kann auch mit Martha Frisch aufgehen. Es liegt in der Hand der Leserinnen und der Leser.

Christiane Franke & Cornelia Kuhnert: Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke.
rororo, Juni 2022.
336 Seiten, Taschenbuch, 12,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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