Anne Jacobs: Der Dorfladen 03: Wie das Schicksal spielt

Bereits im Sommer bin ich mit den ersten beiden Bänden der Dorfladen-Saga nach Dingelsbach gereist. Jenes kleine Dorf im Taunus, wo jeder jeden kennt und wo Marthe 1927 mit ihren drei Töchtern den kleinen Dorfladen führt und die ehemalige Frau Küpper – jetzt Goldstein – ihre Fabrik gegen ihren missratenen Bruder verteidigen muss. Marthes drei Töchter gehen ihren Weg, wie er sich schon in den ersten beiden Bänden angedeutet hat. Frieda lebt als Schauspielerin in Bochum, Ida hat sich durchgesetzt und geht in Frankfurt auf das Gymnasium, wo sie sich in den Studenten Florian verliebt. An dem durch und durch konservativen Mädchengymnasium (erstaunlicherweise ist das hier ein nicht so großer Widerspruch, wie es scheint) wird das nicht gern gesehen. Nicht nur, dass Florian sehr viel älter ist als Ida, er ist auch noch Kommunist und hält damit nicht hinterm Berg. Ida bekommt mehrfach gesagt, dass sie damit ihre schulische Laufbahn aufs Spiel setzt. Aber wo die Liebe halt hinfällt.

Hertha dagegen bleibt fest in Dingelsbach verwurzelt. Sie ist der Mutter eine große Stütze im Laden, scheint die brave Tochter ohne Ambitionen zu sein. Bis sie plötzlich schwanger ist. Ausgerechnet von Sigi, dem windigen Vertreter von Knöpfen und Bändern, der bislang regelmäßig in Dingelsbach auftauchte, sich jetzt aber schnell versetzen ließ. Trotzdem ist Hertha nicht davon abzubringen, dass das alles nur ein Missverständnis sein muss, ihr Sigi könne ja von gar nichts wissen. Ihre eher weltgewandten Schwestern und die Mutter, die mit beiden Beinen im Leben stehen musste, seit ihr Mann im Ersten Weltkrieg blieb, verdrehen nur die Augen. Bis Sigi dann eines Tages doch wieder aus der Versenkung auftaucht.

Aber auch die anderen Familien haben interessante Geschichten. Da ist Heinz, dessen Vater, der Herr Bürgermeister, von seiner Frau verlassen wurde und stattdessen ein Mädchen aus der Stadt heiratete. Jedenfalls benimmt Marie sich so, eine Bäuerin wird aus der nie und als der Vater krank wird, führt sie sich umso ungenierter auf.

Dem Lehrer liegen seine Schüler grundsätzlich am Herzen. Er sieht ihre Schwierigkeiten, gleichzeitig auf den Höfen mitarbeiten und die Schule bewältigen zu müssen. Mit viel Feingefühl versucht er, diejenigen zu fördern, bei denen er besonderes Potenzial sieht. Auch Ida hat er seinerzeit geholfen, auf das Gymnasium zu kommen. Seine eigene Karriere als Musiker hat er schon so gut wie abgeschrieben. Wie soll er auch auftreten können, wenn die Leute dabei nur sein im Krieg zerschnittenes Gesicht sehen. Frieda tut ihr Bestes, um ihn eines Besseren zu belehren.

Die Dorfladen-Saga nimmt den Leser mit in eine andere Zeit und lässt ihn das meist beschauliche Dorfleben erleben. Es war anders damals, nicht unbedingt besser, aber anders – und manchmal auch gar nicht so anders als heute. Die Geschichten fühlen sich echt an, einfach zum eintauchen und ein bisschen die Wirklichkeit vergessen. Es geht nicht alles gut aus, aber es geht immer weiter.

Ein wenig schade finde ich, dass die Dorfladen-Saga mit dem dritten Band endet. Ich wäre gespannt gewesen, wie die Dingelsbacher mit der Zeit nach 1933 umgegangen wären. Aber vielleicht ist es auch gut, dass es vorher endet. Und Dingelsbach Dingelsbach bleiben darf.

Anne Jacobs: Der Dorfladen 3: Wie das Schicksal spielt
Blanvalet, 12 /25
608 Seiten, Paperback, 18  Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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