Die Autorin hat es auf zauberhafte Weise geschafft, mich als Leserin, mit der mutigen und turbulenten Story der Hauptprotagonistin Minna, in ihren Bann zu ziehen. Ein absolut fantastischer Schreibstil, der auf Anhieb überzeugt, und Minna mit ihrem vulgären Berliner Dialekt haben mich begeistert. Anna Basener schreibt sehr rau und authentisch, dabei verwendet sie viele Bilder und grandiose Vergleiche. Sie ist eine gute Beobachterin des Geschehens und gibt dieses auf sehr lebendige Weise wieder.
Der Roman brilliert durch Präsenz, Facettenreichtum der Charaktere und einen spannenden Einblick nach Berlin am Ende des 19. Jahrhunderts.
Vom Fabrikmädchen zur Dirne, um der Armut zu entkommen? Raus aus der Gosse, ran an die Edelmänner, heißt es für die zielstrebige Minna. Sie ist so stark und selbstbewusst, ein richtiger Girl Boss und schlittert nahezu in eine Orgie im Jagdschloss Grunewald.
Dieses Buch ist unfassbar ehrlich und es entwickelt einen regelrechten Sog. Dennoch hat mir für eine brillierende 5 Sterne-Bewertung eine Prise Warmherzigkeit gefehlt und für meinen Geschmack hätte es gern mehr verruchte Einblicke sowie Tiefgründigkeit in die Arbeit der Damen geben können. Aber auch in die nicht ganz so charmanten Männer, das raue, derbe Berlin mitsamt ihrer zerstörten Persönlichkeiten habe ich vermisst.
Den ersten Band „Die juten Sitten – Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten“ habe ich nicht gelesen und bin dennoch wunderbar zurechtgekommen mit der Story.
Von mir gibt es 4 goldene Sterne für ein großartiges Lesevergnügen.
Anna Basener: Die juten Sitten 02: Kaiserwetter in der Gosse.
Goldmann, Juni 2021.
336 Seiten, Taschenbuch, 12,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.