Asien im 15. Jahrhundert: Während die Männer der Mongolen und der Chinesen um die Macht streiten, finden zwei bemerkenswerte Frauen ihren eigenen Weg zu Einfluss. Manduchai wird als Tochter eines mongolischen Anführers geboren und durch den frühen Tod ihres einzigen Bruders ist sie für den Vater bald umso kostbarer. Sie schießt besser als all ihre männlichen Konkurrenten und würde nichts lieber, als an der Seite ihres Vaters gegen die Chinesen in deren Reich der Mitte zu ziehen. Doch als Frau muss man unter den Mongolen andere Strategien anwenden, um an die Macht zu kommen. Im gar nicht so fernen China lebt die Kinderfrau Wan, die den einzigen Sohn des Kaisers betreut. Als jener Kaiser im Krieg gegen die Mongolen gefangen genommen wird, taucht sie mit dem Jungen unter, als der jüngere Bruder des Kaisers den Thron besteigt und ihr Schützling damit vorerst jeden Nutzen verliert. Doch sie wäre nicht die schlaue Wan, wenn sie ihre eigene Macht nicht genau so einzusetzen wüsste, dass ihr angestrebtes Ziel – wenn auch auf Umwegen – erreicht wird!
Tanja Kinkel folgt in „Manduchai – Die letzte Kriegerkönigin“ beiden Frauen auf ihrem Weg zu Macht und lässt ihre Wege sich dabei immer wieder kreuzen, obwohl Manduchai einige Jahre jünger ist als Wan. Erst im Verlauf der Geschichte wird deutlich, dass die beiden einen durchaus ähnlichen Weg an die Macht gewählt haben. Die Geschichte begleitet die beiden Figuren und zahlreiche Nebenakteure über viele Jahrzehnte hinweg – und wird dabei selten langweilig! Tanja Kinkel gelingt es, immer wieder spannende oder interessante Szenen einzubringen, Fragen in die Leserrunde zu werden, die auf Beantwortung drängen. Trotz einer Stärke von fast 600 Seiten ist dieses Werk gut zu lesen und keineswegs langatmig! Das liegt vor allem auch am tollen Schreibstil der Autorin, die mit Worten sehr leicht Bilder entstehen lässt, die durch die Geschichte führen. Dabei wird immer wieder deutlich, dass diesem Roman eine ausführliche Recherche in nicht ganz einfachen Quellen zugrunde liegt.
Dieser Teil asiatischer Geschichte hat bisher im deutschen historischen Roman noch keinen Eingang gefunden und hat mich als große Interessierte an asiatischer Kultur für sich begeistern können. Hier wird ein Stück Geschichte, das selten erwähnt wird, lebendig aufgearbeitet, ganz ohne sich in Klischees zu verlieren, auch wenn in ihrem Zentrum zwei starke Frauengestalten stehen. Mit den üblichen romantisch-verklärten Bildern aus historischen Romanen hat „Manduchai“ absolut nichts zu tun. Diese Geschichte ist lebhaft erzählt, immer wieder spannend und beleuchtet die beiden Frauengestalten über all die Jahre hinweg aus den verschiedensten Blickwinkeln. So entstehen zwei gelungene Romanfiguren, die auch Ecken und Kanten haben und ihren Prinzipien meist treubleiben.
Tolle, lebendige Lektüre! Ein empfehlenswerter Roman für all jene Fans von ungewöhnlichen historischen Geschichten, die es wagen, sich Klischees entgegenzustellen.
Tanja Kinkel: Manduchai – Die letzte Kriegerkönigin.
Droemer, September 2014.
592 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.