Wir alle lesen gerne, manche mehr, andere weniger, aber das Eintauchen in die Phantasie des Autors, in eine fremde Welt fasziniert uns. Nun stellen Sie sich einmal vor, wie es wäre, wenn Sie leibhaftig in den Roman, den Sie gerade lesen eintauchen könnten? Nun, in einen Horror-Roman würde man wohl eher nicht besuchen wollen, aber so ein zünftiges Fantasy-Abenteuer komplett mit Burgbelagerung, Verliesbesuch und Drachen, das hätte doch schon etwas, oder?
Nora, die Protagonistin des vorliegenden Buches kann genau das, was sich so mancher von uns wünscht. Sie fällt bei der Lektüre durch, besser in die Seiten, besucht den Handlungsort des Textes, egal ob Roman, Novelle oder Artikel und ist darüber alles andere als glücklich. Eines Tages las sie ein Werbeplakat von New York und fand sich fluchs auf der anderen Seiten des Atlantiks wieder.
So kann das nicht weitergehen, hat sie doch keinerlei Kontrolle über ihre Gabe. Sie beschließt einen Psychiater aufzusuchen, der ihr mittels Hypnose notfalls die Fähigkeit zu Lesen nehmen soll.
Dumm dann, dass sie, just als ihr Blick in den Fantasy-Schinken, den der Therapeut gerade liest fällt, diesen berührt. Jetzt sind sie Beide in einer archaischen Welt gefangen, in der der Romanheld ein Widerling sondergleichen, der vermeintlich Böse dagegen eigentlich wirklich nett ist und unsere Beiden ungewollt und ungeplant eine wichtige Rolle in der Handlung einnehmen .
Madeleine Puljic ist uns unter anderem durch ihre Roman bei der Perry Rhodan Neo Serie ein Begriff. Mit vorliegendem Roman, den sie zunächst im Eigenverlag publizierte hat sie den Self Publisher Preis 2018 gewonnen, was dazu führte, dass Piper sich die Rechte nicht nur an diesem Buch, sondern auch an der Fortsetzung sicherte.
Ähnlich wie in der Erstauflage hat die Autorin jedes Kapitel des Werks mit einer kleinen Zeichnung versehen, auch die Seitenzahlen werden stimmig durch zwei Säbel eingerahmt. Man sieht also, dass sich Verfasserin und Verlag Mühe gegeben haben, das Buch durch die Gimmicks aus dem Allerlei der monatlichen Produktion hervorzuheben.
Inhaltlich wartet eine auf den ersten Blick gewohnte Handlung auf den Leser. Die Fantasy-Geschichte, in die unsere beiden Erzähler ungewollt fallen entspricht zunächst ganz dem Gewohnten, unterscheidet sich dann aber durch die Drehung der Figuren. Nach und nach kommen unsere Beiden dem wahren Wesen der Helden und Antagonisten auf die Spur, müssen sich in der für sie so ungewohnten Welt ohne großen Luxus einfinden und ihre Abenteuer bestehen. Dass sie sich dabei nicht etwa näher kommen, sondern sich eher entzweien fügt dem Plot eine gehörige Prise an Dramatik und Überraschung hinzu.
Geschickt spielt die Autorin hier, wie überhaupt in der Handlung mit der Erwartungshaltung des Lesers, überrascht immer wieder durch nicht vorhersehbare Wendungen und unterhält flüssig und kurzweilig. Dabei fehlt dem Roman ein wenig der Tiefgang, auch große Charakterentwicklungen oder ein dezidiert ausgearbeitetes Setting sucht man vergebens. Puljic konzentriert sich auf ihre wenigen handlungsrelevanten Figuren, erzählt eine spannende Geschichte voller Dramatik und Überraschungen und unterhält nett und flüssig.
Madeleine Puljic: Noras Welten 01: Durch den Nimbus.
Piper, April 2019.
336 Seiten, Taschenbuch, 13,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.