Huch, der dritte Band der „Good Girls Guide to Murder-Reihe“ von Holly Jackson ist inhaltlich noch mal eine echte Überraschung. Im ersten Band haben wir Pip als kluge Schülerin kennengelernt, die den fünf Jahre zurückliegenden Tod einer anderen Schülerin aufklärt, im zweiten Band ist sie schon tief in Verbrechen verstrickt und leidet unter dem, was sie herausfindet und jetzt im dritten und letzten Band, „As Good as Dead“, ist sie das Ziel eines Serienmörders und alles hat mit allem zu tun.
Von Anfang an wurde sie immer wieder gewarnt und angegriffen, ihr wurde gesagt ja nicht zu tief zu wühlen und sie und ihre Familie wurde angegriffen (ich werde Holly Jackson den toten Familienhund nie verzeihen – und in jedem Band reitet sie wieder drauf rum). Jetzt laufen alle losen Enden wieder zusammen und Pip selbst wird das Ziel jenes Serienmörders, von dem zwar noch nie die Rede war, der aber von Anfang an alle Fäden in der Hand hielt. Man nannte ihn den Duct Tape Mörder, weil er die Köpfe seiner Opfer komplett mit Panzerband umwickelte und ihnen damit quasi ihr Gesicht nahm.
Pip ist sich sicher, dass derjenige, der ihr ständig Nachrichten mit dem Inhalt „Wer wird dich suchen, wenn du verschwindest?“ schickt, der Serienmörder ist. Nur: Der sitzt geständig hinter Gittern und kann es also nicht sein. Pip ist davon überzeugt, dass man damals den Falschen verurteilt hat und wieder mal ist sie die Einzige, die das glaubt.
Wechsel auf dunkle Seite
Aber wer auch immer sie verfolgt, kommt ihr immer näher. Es sind nur Kleinigkeiten, Dinge, die man leicht übersehen kann, wie Figuren aus Staub, kaum erkennbar, die immer näher an ihr Haus heranwandern. Pip gerät mehr und mehr in Panik und das ist vielleicht die einzige Erklärung, warum sie etwa in der Mitte des Buches endgültig auf die dunkle Seite der Macht wechselt.
Ab da ist sie kaum mehr die Pippa Fitz-Amobi, die wir kennengelernt haben. Sie trifft Entscheidungen, die für die Pip vom Anfang, die Pip, die Gerechtigkeit um jeden Preis wollte, die jeden True-Crime verfolgt hat, die Pip, die intelligent und integer war, so nie getroffen hätte. Was will uns die Autorin damit sagen? Dass jeder mit genug Druck zu allem getrieben werden kann?
Ratlosigkeit
Dass Selbstjustiz eine Berechtigung haben kann (dann war das wenig überzeugend)? Dass Entscheidungen Folgen haben? Ich weiß es nicht und es lässt mich ein wenig ratlos zurück. Dazu kommt, dass das, was Pip getan hat, nicht mal notwendig war, sogar sie erkennt das irgendwann. Sie hatte alle Beweise in der Hand und trotzdem hat sie ihre eigene kranke Form von Bestrafung durchgezogen.
Vor einigen Jahren haben „Die Tribute von Panem“ einen Paradigmenwechsel im Jugendbuch eingeleitet (vorher durften Tod und Vergewaltigung im Jugendbuch nur sehr verschlüsselt dargestellt werden). Ich hoffe nicht, dass Holly Jackson hiermit einen ähnlichen Sichtwechsel einleitet. Ich bin nicht sicher, ob mir so dunkle Protagonisten im Jugendbuch gefallen würden.
Holly Jackson: As Good as Dead.
Aus dem Englischen übersetzt von Sabine Schilasky.
One, März 2023.
612 Seiten, Paperback, 14,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.