Heidi Sævareid (Jahrgang 1984) ist eine norwegische Autorin, die bislang dreimal für ihre Jugendromane für den Bragepreis nominiert war. „Am Ende der Polarnacht“ ist ihr erster Roman für Erwachsene. Man merkt, dass sie weiß, wovon sie schreibt. – Der Roman spielt in der Zeit von 1957 und spiegelt die detailgetreuen Schilderungen der Landschaft und des Lebens in Spitzbergen.
Vor allem der Winter fordert viel von den Menschen, die in der dunklen Polartundra leben, ab. So ist es nicht verwunderlich, dass eine junge Frau wie die zugereiste Protagonistin Eivor, immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Nicht nur, dass Eivor ihre gewohnte Umgebung in Oslo mit ihrem Bekannten- und Freundeskreis – vertraute Menschen, die ihr in der kalten Fremde fehlen, hinter sich gelassen hat. Neue Kontakte zu knüpfen fällt hier nicht leicht. Dass die Bewohner Spitzbergens ein besonderer Menschenschlag sind, bekommt Eivor schnell zu spüren. Zum Glück gibt es die Huskyhündin Jossa, die Eivor einen gewissen Halt gibt.
Das so gänzlich andere Leben im hohen Norden wird immer wieder zu einer Herausforderung für die junge Frau. Wie es sich tatsächlich lebt mit Temperaturen von minus 30 Grad und wie es sich anfühlt, die Insel im Winter nicht verlassen zu können, konnte sie sich zuvor nicht richtig vorstellen.
Eivors Mann Finn kümmert sich als Werksarzt um die Krankheiten und vor allem um die vielen Unfälle der Bergarbeiter aus den Kohleminen. Da bleibt wenig Zeit für Eivor und ihre beiden gemeinsamen Mädchen. Zudem gibt es da noch so einige andere Probleme. Finns Erwartungshaltung an seine junge Frau ist hoch. Er versucht zwar, Eivor so gut es ihm gelingt zu unterstützen und sie als gleichberechtigt zu behandeln, aber bei Konflikten zeigt sich immer wieder, dass er eher wie ein Übervater agiert. Und dann ist da noch Heiberg. Ein Mann, mit dem Finn viel zu viel Zeit verbringt. Eivor kann so gar keine Sympathie für Heiberg aufbringen, der privat und als Patient einen zu großen Raum für sich einfordert.
Immer wieder wird ihre Ehe durch verschiedenste Vorkommnisse auf die Probe gestellt.
Dieser Roman lebt von den naturgetreuen Landschaftsbeschreibungen Spitzbergens. Der eisige Winter kriecht geradezu durch die Zeilen. Klirrende Kälte, klare Luft, eine immer präsente Gefahr die von Eisbären ausgeht, aber auch Einsamkeit, Ruhe und die ewige Dunkelheit prägen das Geschehen.
Heidi Sævareid: Am Ende der Polarnacht.
Aus dem Norwegischen übersetzt von Karoline Hippe.
Insel, Februar 2022.
350 Seiten, Gebundene Ausgabe, 23,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.