Hartmut Lange: Der Lichthof

In fünf unterschiedlichen Novellen beschreibt Hartmut Lange Menschen in ihrem Alltag, der durch bestimmte Ereignisse kein Alltag mehr ist. Sie erleben Grenzerfahrungen, die ein Umdenken, Anpassen oder sogar ein Aufgeben erforderlich machen:

Eine Frau, die für ihren Mann ihre gut dotierte Stellung aufgibt, wird nach dem gemeinsamen Umzug auf einmal von ihrem Ehemann verlassen.

Ein Paar verreist nach Italien, während ihr defektes Navigationsgerät für Umwege und Unstimmigkeiten sorgt.
Ein Schauspieler gerät an seine körperlichen Grenzen und sieht ein Scheitern auf sich zukommen.
Ein Politologe erlebt nach seiner Emeritierung eine erhellende Reise.
Und als letzte Novelle erzählt Hartmut Lange von einem Umbruch in seiner Kindheit, in der Mord, Flucht und Gewalt seiner Biografie eine gravierende Wendung geben.

Der Autor und Dramaturg Hartmut Lange hat sich im Laufe seines Schaffens auf Novellen spezialisiert, in denen Ereignisse und nicht die Personen eine Veränderung erfahren. Sein moderner und unverbrauchter Erzählstil wirkt auf den ersten Blick unaufdringlich, nahezu schlicht, bis in einem Satz ein Bruch die Aufmerksamkeit auf sich lenkt.

„… Der Himmel war klar. Die untergehende Sonne verfärbte die Oberfläche des Trasimeno. Dort waren ein glitzerndes Rot und Gelb, und das schattige Ufer wirkte wie ein Abgrund.“ (S. 47)

Folgt man den Spuren und glaubt den Ausgang zu erahnen, wartet der Autor mit einer Überraschung auf, die noch eine Weile im Kopf nachklingt.

Novellen werden gern als Krisenerzählung beschrieben. So ähnlich beginnt auch die letzte und persönlichste Novelle über die Biografie des Autoren, in der Mord, Gewalt und Vertreibung so beiläufig beschrieben werden, als würde gerade ein Unwetter vorbeiziehen und die Sonne gleich wieder scheinen. Hartmut Langes Novellen wecken einen Lesehunger, der von unzähligen Werken genährt werden kann.

Hartmut Lange: Der Lichthof.
Diogenes, Februar 2020.
96 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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