Walküre Unruh ist erwachsen geworden. Mit mittlerweile stolzen 25 Lenzen auf dem nicht vorhandenen Buckel zählt sie unter den Magiern zu einer bekannten und gefürchteten Größe. Zusammen mit ihrem Mentor, den Skelett-Detektiv Skulduggery Pleasant wurde sie als Schlichter berufen und ist niemand mehr für ihre Handlungen verantwortlich. Sie ermitteln, ohne fesselnde Vorschriften oder Vorgesetzte – und, wie zu erwarten war, gibt es nach wie vor, eigentlich sogar mehr als früher, jede Menge Bösewichte, die sie auf Trab halten.
Daneben hat sie noch ein Problem, das nach einer Lösung schreit. Die Seele ihrer kleinen Schwester wurde im ultimativen Kampf um das Schicksal der Welt zerbrochen – zwei der Teile gilt es zu finden um das Kind wieder vollständig zu machen. Dass sie dabei den streng geheimen Ort eines magischen Irrenhauses offenbaren muss, sei es drum, das Wohl ihrer Schwester ist es ihr wert, sich mit den Sanktuarium anzulegen.
Unterdessen plant Abyssinia einen Krieg zu entfesseln – sie will die Existenz der Zauberer den Menschen offenbaren und mit Hilfe ihres Verbündeten, des skrupellosen amerikanischen Präsidenten, den Konflikt schüren – egal wie viele Opfer die Auseinandersetzung kosten mag. Ausgerechnet Omen Darkly, untalentierter, ja unfähiger Zauberer-Schüler stellt sich dem Vorhaben in den Weg. Dass zudem Darquise in einer der Universen der Gesichtslosen gesucht und gefunden wird, verspricht auch nichts wirklich Gutes …
Die Mär schien erzählt – und dies wahrlich nicht schlecht! Derek Landy schloss vor einigen Jahren seine Reihe um Walküre und Skulduggery ab, versuchte an der Seite von Tanith Lee und mit einigen im Universum angesiedelten Kurzgeschichten, den Hype weiter hoch zu halten. Daneben wandt er sich in einer Trilogie der Demon Road zu, doch, wie dies zumeist ist, wollten die Fans von Walküre und Co einfach nicht lassen. Landy gab nach, besann sich eines Besseren und legte neue Abenteuer um Skulduggery und Co. vor. Der erste Roman nach dem eigentlich runden Ende der Reihe überzeugte mich nicht gänzlich, im diesem nachfolgenden Roman, der im letzten Jahr bei Loewe veröffentlicht wurde, hatte mich Landy aber wieder fest am Haken. Die Frage die sich vorliegend stellte war, ob es dem Verfasser gelingen würde, den Leser mit einer frischen Handlung und neuen Figuren erneut zu faszinieren, oder, ob er, wie viele seiner Kollegen, nur einen müden Abklatsch bekannter Plots offerieren würde?
Nun, nach der Lektüre ist mein Eindruck – zwiegespalten. Das Buch fängt temporeich und toll an, nimmt dann aber immer wieder – nötige oder unnötige? – Umwege, ohne dass bereits ersichtlich ist, wozu diese später vielleicht einmal dienen sollen. Ich hatte ein wenig den Eindruck, dass der Autor hier viele neue Handlungsstränge vorbereiten wollte. Alte, längst besiegt geglaubte Übel werden reaktiviert, neue Gegner und Prophezeiungen, dieses Mal über Zeitreisen und Visionen erhalten, zeigen, dass erneut jede Menge Gefahren auf unsere Helden warten. Allerdings führen die schiere Anzahl der Handlungsstränge – insgesamt nicht weniger als sechs Erzählern folgen wir ins Geschehen – dazu, dass der Plot zerfasert. Immer wieder verschiebt Landy den Fokus, nimmt damit das Tempo aus seinem Roman und unterbricht den Lesefluss. Dazu kommt, dass Walküre nicht nur mehr in den Hintergrund tritt, sondern auch, dass wir ihre Handlungen nicht immer nachvollziehen können. Da zeigt sie sich gegen widerlichste Gegner sehr nachsichtig, verfällt drogenähnlich einer Melodie, entfremdet sich zusehends ihren Freunden. Dass der Autor so nebenbei eine Lanze für die Toleranz gegenüber der gleichgeschlechtlichen Liebe bricht ist dagegen positiv zu bewerten.
Landy hat bereits in den anderen Büchern bewiesen, dass er gewaltbetont schreibt. Seine Kampfdarstellungen sind oftmals brutal, da werden mitleidlos Köpfe abgerissen, Gelenke gebrochen, dass es für jüngere Leser fast zu viel wird. Das ist auch dieses Mal nicht anders.
Insgesamt ein Roman, der zum Verständnis die Kenntnis der Serie voraussetzt, der teilweise fulminant rasant unterhält, dann wieder nicht ganz nachvollziehbar alte Übel reaktiviert und, noch zumindest, nicht absehbare Antagonisten ins Spiel bringt.
Derek Landy: Skulduggery Pleasant 12: Wahnsinn
Loewe, November 2019.
704 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.