Einst war sie ein ganz normales Mädchen mit einem etwas absonderlichen Onkel. Die Rede ist von Walküre Unruh, wie sie jetzt heißt. Dass sie nach dem Tod ihres Onkels, eines gefeierten Horror-Schriftstellers nicht nur dessen Vermögen sondern auch seine Freunde erbt, brachte sie in Kontakt mit dem Übernatürlichem. An der Seite von Skulduggery Pleasant, einem unsterblichen aber beseelten Skelett, lernte sie nicht nur Magie kennen und wirken, sie ermittelte bei übernatürlichen Verbrechen und stellten sich dem Weltuntergang entgegen. Inzwischen sind Darquise und die alten Götter gebannt, der Krieg der Sanktiarien beendet und Walküre aus dem selbst gewählten Einsiedlerdasein wieder zurückgekehrt.
Dass das sicherste Gefängnis der magischen Welt von der wiederauferstandenen Ex-Freundin von Skulduggery erobert, entführt und die Gefangen befreit wurde, sorgt naturgemäß für Unruhe. Als dann einer der Ex-Häftlinge Walküres sieben-jährige Schwester kidnappt und droht sie umzubringen, wird die Angelegenheit für sie persönlich. Fehler, ganz ganz großer Fehler von Cadeverus Gant, denn jetzt hat er nicht nur eine naseweise Siebenjährige und ihren Babysitter Omen, immerhin Bruder des verheißenen Weltenretters an der Backe, auch Walküre befindet sich im Kampf- und geliebte Schwester Befreiungsmodus …
Der Relaunch von Sculduggery Pleasant geht in seine zweite Runde. Nachdem die eigentliche Handlung in immerhin neun Bänden zu einem in sich befriedigenden, aber auch verlustreichen Finale geführt worden war, bot sich die Fortsetzung zunächst einmal nicht unbedingt überwältigend dar. Vielleicht hat Landy auch einfach etwas gebraucht, bis er mit seiner Schöpfung wieder warm wurde, denn vorliegender Roman bietet wieder faszinierendes Lesefutter satt. Dabei greift der Autor auch ein heißes Eisen an. Aus einer Paralleldimension kommen Massen von Menschen ohne magische Gaben über ein Dimensionstor auf unsere Welt – Flüchtlinge, die um ihr Leben fürchten und mit Ressentiments und schlichter Furcht von den Magiern argwöhnisch beobachtet werden. Hoppala, so deutlich hat Landy bislang nicht zu tagespolitischen Ereignissen und Problemen Stellung genommen.
Dass er mit dem jungen, unsicheren Owen einen der neuen Handlungsträger auch dieses Mal wieder nutzt, bringt insbesondere im emotionalen Bereich frischen Wind in den Plot.
Dazu gesellt sich eine actionreiche Handlung, die in Hinsicht auf Dramatik, Tempo und Gewalt neue Maßstäbe setzt. Kannibalen, Massenmörder, perverse Schlächter und psychopathische Genies stellen sich Walküre und ihren dieses Mal eher im Hintergrund agierenden Partner in den Weg. Das ist in der Darstellung gerade für jüngere Leser sicherlich grenzwertig, andererseits in Zeiten, da wir über die PC-Games etc. gewohnt sind, ganze Landstriche zu entvölkern, relativiert sich dies wieder ein wenig.
Eigentlich ist es wohl eher so, dass über die von einem Cliffhanger zum nächsten Reitendes Actionwelle auch Leser, die sonst nicht unbedingt zum Medium Buch greifen, an den Plot gefesselt werden. Gerade die jungen Rezipienten, die sonst eher vor den Bildschirmen sitzen, als dass sie in eine bedruckte Seite schauen, sollen ja dazu gebracht werden zu lesen. Dies kann nur über entsprechend rasante Action, dem berühmten Kopfkino funktionieren. Und genau dies liefert Derek Landy geradezu exemplarisch.
Fazit: Ich hatte bei der Lektüre den Eindruck, dass der Autor nach einer Zäsur im letzten Band wieder mit Feuereifer dabei ist. Tempo, Action und ein wenig Tiefgang – Sculduggery Pleasant, wie wir ihn lieben.
Derek Landy: Skulduggery Pleasant 11: Mitternacht.
Loewe, November 2018.
496 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.