Daniel Kehlmann: Vier Stücke: Geister in Princeton / Der Mentor / Heilig Abend / Die Reise der Verlorenen

Daniel Kehlmann, der besonders mit seinem 2005 erschienenen Werk „Die Vermessung der Welt“ für Furore gesorgt hat, schreibt nicht nur erfolgreich Romane, sondern auch Theaterstücke. Vier davon sind nun in Buchform erschienen und heißen schlicht „Vier Stücke“.

Ein Theaterstück lesend zu konsumieren und nicht als Bühnenfassung, ist per se nicht ganz einfach, weil vieles eben fehlt, was ein Theaterstück ausmacht: die Einfälle des Regisseurs, die schauspielerischen Leistungen mit Gestik, Dramatik, Emotionen und so weiter.

Insofern ist diese Lektüre vielleicht als etwas mühsam zu bezeichnen, obwohl es andererseits falsch wäre, „Geister in Princeton“, „Der Mentor“, „Heilig Abend“ und „Die Reise der Verlorenen“ misslungen zu nennen. Vielleicht lässt sich sagen, dass sie manchmal etwas verschwurbelt sind – zum Beispiel wenn der Protagonist in „Geister in Princeton“ mit seinem jüngeren Ich spricht oder die Akteure sich in „Die Reise der Verlorenen“ aus ihren Rollen lösen und direkt ans Publikum wenden. All das kann mit einem guten Regisseur gelingen, aber gelesen wirkt es gelegentlich etwas überdreht.

Die Stücke im Einzelnen: „Geister in Princeton“ dreht sich um das Leben des Kurt Gödel, den größten Logiker des 20. Jahrhunderts, der an Geister glaubte und im amerikanischen Exil, umzingelt von Ängsten, an Hunger starb. Das Springen durch die Zeiten und die Gespräche mit den Geistern wirken auf Dauer etwas überzogen. Auch Einstein kommt vor und wird als verschroben dargestellt.

In der Komödie „Der Mentor“ treffen ein berühmter alter und ein ehrgeiziger junger Schriftsteller aufeinander. Der Alte soll ein Stück des Jüngeren beurteilen. Die beiden finden nicht zueinander, wobei man schwer entscheiden kann, auf wessen Seite man eigentlich steht. Amüsant.

Im Echtzeit-Krimi „Heilig Abend“ verhört ein Polizist am Weihnachtstag eine Frau, weil er sie verdächtigt, um Mitternacht einen Anschlag verüben zu wollen – sie streitet alles ab, doch die Zeit läuft. Das ist durchaus spannend und erscheint in Zeiten mit terroristischen Anschlägen realistisch.

Und schließlich geht es in „Die Reise der Verlorenen“ um die Irrfahrt des Passagierschiffs St. Louis, auf der die Nazis 1939 knapp tausend Juden aus dem Land ließen. Historisch interessant, aber als Theaterstück in der Reihe dieser vier Stücke womöglich nicht das stärkste.

Daniel Kehlmann: Vier Stücke: Geister in Princeton / Der Mentor / Heilig Abend / Die Reise der Verlorenen.
Rowohlt, Oktober 2019.
288 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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