Carmen Korn: Zeiten des Aufbruchs

Die vier Freundinnen Henny, Käthe, Ida und Lina haben den Krieg überstanden. Nur Käthe glauben sie verloren zu haben, da diese sich von Hennys Mann denunziert meinte und nach dem Krieg jeden Kontakt vermeidet. Hamburg ist völlig zerstört, aber sie haben noch sich. Als Käthes Mann Rudi auftaucht, findet auch Käthe zurück in den Kreis der Freundinnen.

Im Wirtschaftswunder geht es langsam aufwärts. Die Söhne werden zu Männern, die Töchter ergreifen Berufe, von denen die Mütter nur träumen konnten. Aber das Deutschland der 50er Jahre ist nicht ohne Probleme. Schwule müssen sich verstecken, mancher Traumberuf gilt noch als verrufen.

Carmen Korn nimmt uns mit auf eine Zeitreise. Wie auch im ersten Band „Töchter einer neuen Zeit“ taucht der Leser tief ein in die so nahe und doch so fremde Zeit. Es ist trotz aller Probleme ein leichter Roman. Der Krieg wurde halbwegs heil überstanden, selbst Rudis Kriegstrauma stört im Alltag eigentlich gar nicht. Trotzdem ist der Autorin ein mitreißendes Zeitportrait gelungen, besonders die Anfeindung der Schwulen ist tief beeindruckend. Trotzdem bleibt der Roman arg an der Oberfläche. Das macht ihn aber nicht minder unterhaltsam. Ich habe ja schon anlässlich Ken Follets Jahrhundertrilogie gefragt, ob das Jahrhundert wirklich eine Trilogie braucht. Bei dieser hier ist die Frage einfacher zu beantworten: Brauchen nicht, aber es war ein echtes nice-to-have. Es macht einfach Spaß, den vier Freundinnen und ihren wachsenden Familien durch die Geschichte zu folgen. Man hat auch recht schnell gelernt, dass auch in dunkelsten Zeiten Katastrophen abgepolstert werden und die Protagonisten nie wirklich in Gefahr sind. Das kann durchaus ein Qualitätsmerkmal sein. Man will schließlich einen Roman lesen, kein historisches Fachwerk. Um das klar zu sagen: Die Daten, die verwandt wurden, sind richtig. Gar zu böses wurde nur einfach ein bisschen bezuckert und beflufft.

Alles in allem ein toller zweiter Band, der Vorfreude auf den dritten macht. Eine Zeitreise ohne böse Konsequenzen, die man guten Gewissens einfach genießen kann.

Carmen Korn: Zeiten des Aufbruchs.
Kindler, Juni 2017.
608 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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