Alex Capus: Das Leben ist gut

Capus Das Leben ist gut Final_MR3.inddAlex Capus (Jahrgang 1961) lebt und arbeitet in der schweizerischen  Stadt Olten im Kanton Solothurn. Dort schreibt er seine Romane und betreibt eine Bar mit dem Namen Galicia Musik Bar, in der sich einst die Einwanderer aus Galicien trafen und in der Capus heute einmal in der Woche selbst hinter der Theke steht. Und so kommt es, wie es kommen muss: Alex Capus schreibt ein Buch über einen Schriftsteller und Barbesitzer namens Max und seine Bar Sevilla.

Der Roman „Das Leben ist gut“ enthält unverkennbar Autobiografisches aus Capus‘ Leben.

Ich-Erzähler Max ist seit 25 Jahren mit Tina verheiratet, mit der er drei halberwachsene Söhne hat und die für eine Gastprofessur als Juristin für ein Jahr an die Pariser Sorbonne geht. Der Roman beginnt mit ihrer Abreise. Max ist nun zum ersten Mal seit vielen Jahren allein zu Hause und zweifelt (aber nur einen Moment lang), ob es richtig war, seine Frau ohne ihn reisen zu lassen.

Dann macht er sich auf den Weg zu seiner Sevilla Bar, um das Altglas des Wochenendes zu entsorgen. Mit seinem Handkarren läuft er  durch die Stadt zu den Containern für die leeren Flaschen und ist mit sich „im Reinen“. Max hat die Sevilla Bar, die einst Vereinslokal spanischer Arbeiter war, gekauft, „weil es im Städtchen keine Bar nach meinem Geschmack gab und ich mir ein Leben ohne eine gute Bar nicht vorstellen kann“. Während Max seine Vorräte auffüllt oder Rechnungen bezahlt, kommen die ersten Besucher vorbei, wie Ismail, der Türke, der immer laufen muss, weil er Angst vor Erdbeben hat. Oder Miguel, der Spanier, der in Geldnot ist und seinen Toro von Max wiederhaben möchte, da er ihn auf eBay für viel Geld verkaufen möchte. Der Toro ist der ausgestopfte Kopf eines spanischen Kampfstieres und hängt über dem Flaschenregal in der Bar. Max will den überhöhten Preis für den Stierkopf nicht bezahlen und so geraten die beiden in eine kleine Auseinandersetzung, an deren Ende Max einen neuen Toro im Internet bestellt.

Am Abend erscheinen dann weitere Gäste wie Toni Kusterer. Er ist Max ehemaliger Chemielehrer und bringt seinen amerikanischen Freund Tom Stark aus Everglades City mit, der seine Mutter vor einem Alligator rettete und der Max gleich sympathisch ist. Max verbringt seine erste Nacht ohne Tina und denkt darüber nach, wie es wäre, wenn seine Frau nicht zurück käme. Dann bringt er Miguel den Toro zurück, wohlwissend, dass es ihrer Freundschaft schadet. Den neuen Toro holt er aus Deutschland ab und schmuggelt ihn über die Schweizer Grenze. Zu seinem Bedauern bemerken die Barbesucher nicht einmal, dass nun ein anderer Toro an der Wand hängt. Tom Stark reist ab, nicht ohne Max nach Florida einzuladen und ihn daran zu erinnern, wie gut es tut, einen besten Freund zu haben. Das lässt Max an seinen alten Freund Mark denken, der sich wegen einer Jüngeren von seiner Frau trennte und die Freundschaft zu Max beendete. Und während der gesamten Woche fiebert die Familie Tinas Rückkehr zum Wochenende entgegen.

So weit, so gut. Alex Capus beschreibt eine Woche im Alltag des Barbesitzers Max mit seinen Gedanken und Gesprächen, es sind kleine Geschichten in der Geschichte. Und sie lesen sich angenehm und flüssig. Capus‘ Sprache ist warm, witzig und weise, eine gute Kombination, so erklärt Capus die Welt in treffenden Worten: „Der Rückweg ist einfach nur der Rückweg, über ihn gibt es nichts zu sagen. Er ist genauso notwendig wie der Hinweg, keine Frage, aber er hat nun mal kein anderes Ziel und keinen anderen Zweck als die Rückkehr. Das macht ihn ein wenig fad.“ Vor allem die Dialoge sind erfrischend, voller Humor und Skurrilität.

Ein Beispiel aus einer Unterhaltung zwischen Max und Miguel:

„Wie viel?“

„An den Meistbietenden. Bei eBay. Und der wirst nicht du sein. Du bist mein Freund. Für Freunde macht man Freundschaftspreise, keine Wucherpreise.“

„Wie viel?“ …

„Der Tattergreis in Barcelona hat mich übers Ohr gehauen damals. Dieser Schweinehund mit seiner rosa Stumpfhose. Hombre, ich konnte durch die Strumpfhose sein schrumpeliges Ding sehen, stell dir das vor. Ich konnte sehen, dass er nicht beschnitten war. Und von hinten sah das aus…“

„Ich weiß.“

„Das Leben ist gut“ wegen der kleinen, alltäglichen Dinge, wegen der Freundschaften, der Liebe und der Familie. Daran erinnert zu werden, tut auch mir als Lesende gut. Und so kommt die Geschichte mit dem ganz und gar passenden Titel ganz ohne Plot und Spannungsbogen aus. Alex Capus beschreibt seine Figuren aus allerlei Nationen liebevoll-lustig und gibt jeder etwas Besonderes, Einzigartiges. Vielleicht ein wenig altmodisch, aber „Das Leben ist gut“ wirkt auf mich wie Balsam auf die Seele des überforderten Menschen in diesen hektisch-modernen, mit Reizen und Informationen überfluteten Zeiten. Der ganze Roman lebt von den Menschen, Erlebnissen und Begegnungen rund um die Oase Sevilla Bar. Eingerahmt wird er von der Abreise und Rückkehr von Maxs Ehefrau Tina und seinem abschließenden, fantastischen Traum.

Und weil es so unterhaltsam geschrieben ist, bleibe ich dabei von der ersten bis zur letzten Seite. Und dann bin ich ein bisschen traurig, dass das Buch so schnell ausgelesen ist.

Alex Capus: Das Leben ist gut.
Hanser Verlag, August 2016.
240 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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