Paul Auster, Spencer Ostrander: Bloodbath Nation

Mit diesem Text prangert Paul Auster die Verherrlichung des Waffenkultes seiner Heimat, den Vereinigten Staaten an. Er geht der Frage nach, warum der Umgang mit Waffen bei den Amerikanern einen so selbstverständlichen und hohen Stellenwert hat und wie es dazu gekommen ist.

Eingangs beleuchtet er seine eigene Kindheit und einen dunklen Punkt in der eigenen Familiengeschichte. In der Kindheit Austers war sein Umgang mit einer Spielzeugpistole normal. Das Fernsehen lieferte Ideen zu eigenen Spielfantasien mit der Waffe, denn alle Helden, denen er, wie die meisten anderen der kleinen Jungen nacheiferte, waren bewaffnet. Später, in einem Feriencamp in New Hampshire hat Auster selbst großen Spaß samt Erfolgserlebnissen im Umgang mit der Waffe erlebt. Doch eine weitere Inspiration durch die Eltern blieb aus. Dort, wo er aufwuchs, ging man weder auf die Jagd, noch erwartete irgendjemand von ihm, dass er Gefallen daran fand, auf Tiere, Schießscheiben oder Tontauben zu schießen.

Weiter liest man Episoden, in denen Auster in jungen Jahren mit teils abstrusen Vorfällen anderer und deren Umgang mit Waffen konfrontiert war.

Um den Ursprung des Waffenkults besser zu verstehen, geht Auster weit in der Geschichte zurück und schreibt über die koloniale Vorgeschichte seines Landes. Er beleuchtet die Besiedelung Amerikas, als die indigenen Völker in kriegerischen Auseinandersetzungen im 17. und 18. Jahrhundert um Land und Leben gebracht wurden und Waffenbesitz zu einer Art Bürgerpflicht wurde. Die Sklaverei ist in diesem Zusammenhang ein weiteres Thema, auf das Auster näher eingeht.

Aktuell erreichen uns immer wieder Nachrichten aus den USA über Amokläufe, Massenmorde, Schulmassaker. Doch das ist bei Weitem nicht alles. Jahr für Jahr kommen annähernd vierzigtausend Amerikaner durch Schussverletzungen ums Leben. Seit 1968 haben anderthalb Millionen Amerikaner ihr Leben durch Schusswaffen verloren.

Der Konflikt der Waffendebatte zwischen Befürwortern und Gegnern von Waffenkontrolle ist so groß geworden, dass man keinen Kompromiss mehr sucht, in dem Land, das einst durch Gewalt zustande gekommen ist.

Paul Austers Essay über die Blutbäder durch Schusswaffengebrauch in den USA und die Wurzeln der Gewalt ist eine lesenswerte Anklage über das amerikanische Gesellschaftssystem.

Eine zusätzliche Gewichtung erfahren die Texte durch die vielen gespenstisch wirkenden Schwarz-Weiß-Fotografien der Schauplätze bekannter Massaker, die vom US-Fotografen Spencer Ostrander stammen.

Paul Auster wurde 1947 in New Jersey, geboren. Unter anderem wurde er durch seine New-York-Trilogie international bekannt. Außer zahlreichen Romanen schreibt er Essays, Gedichte und Übersetzungen zeitgenössischer Lyrik. Seine Werke sind vielfach preisgekrönt.

Paul Auster: Bloodbath Nation.
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz.
Mit Fotos von Spencer Ostrander.
Rowohlt, Februar 2024.
gebundene Ausgabe, 192 Seiten, 26,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.