Kevin Brooks: Bad Castro

Judy ist Polizistin. Sie bekommt per Mail einen Hinweis und ist tatsächlich dabei, als zwei ihrer Kollegen den Gangführer Bad Castro verhaften. Aber diese Nacht ist keine ruhige Nacht, seit dem Abend schon gibt es an allen Ecken Ausschreitungen. Es ist eine seltsame Nacht, denn es scheint sich um keinen „normalen“ Bandenkrieg zu handeln, sondern jeder gegen jeden und alle gegen die Polizei. Der Wagen, in dem sie Castro transportieren wird gerammt und als Judy aus einer kurzen Bewusstlosigkeit erwacht, sind ihre beiden Kollegen erschossen und sie muss mit Castro aus dem brennenden Auto fliehen. Er bleibt bei ihr und sie bleibt bei ihm in dieser hochgefährlichen Nacht.

„Bad Castro“ ist eine faszinierende psychologische Ausarbeitung über die Komplexität des Zusammenspiels von Gang-/Bandenwesen und Polizei. Da ist auf der einen Seite Castro, ein Gangleader, jemand mit Macht, jemand, der bereits getötet hat und wahrscheinlich auch Morde in Auftrag gegeben hat. Man kommt nicht durch Wattebäuschchenweitwurf in eine solche Position. Er ist abgebrüht, der kennt sich aus, er weiß, wie man diese Nacht überleben kann. Und doch ist er noch ein Kind.

Auf der anderen Seite gibt es Judy, auch noch nicht alt. Polizistin im Problemviertel. Sie war es, die den Hinweis auf Castro bekam. Ihre beiden Kollegen sind tot, erschossen. Aber Judy weiß, dass sie keine guten Polizisten waren, sie waren korrupt und haben dabei auch noch betrogen.

Die beiden raufen sich irgendwie zusammen, Castro will Judy – die in dieser Nacht keine Überlebenschance hätte – nicht allein lassen und Judy will ihre Verhaftung natürlich nicht aufgeben. Sie reden auch in dieser Nacht, sie nähern sich einander an. Judy (und damit der Leser) versucht Castro zu verstehen, zu begreifen, was ihn antreibt. Castro ist pragmatisch und illusionslos.

Obwohl ich nicht sagen könnte, was genau eigentlich in dieser Nacht passiert ist, fand ich das Buch hochspannend und beeindruckend. Ich gebe eine klare Leseempfehlung, allerdings nicht für zu junge Leser. Die Prinzipien Gruppenzwang, Platz im Leben und interne/externe Moral sollten schon verstanden sein.

Kevin Brooks: Bad Castro.
Aus dem Englischen übersetzt von Uwe-Michael Gutzschhahn.
dtv, September 2021.
208 Seiten, Taschenbuch, 13,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.