Daniel Silva: Die Fälschung

Schade eigentlich. Ich hatte mich auf den „neuen Daniel Silva“ gefreut.

Zum ersten Mal seit mehr als 20 Bänden bin ich dieses Mal enttäuscht. Klar, in allen bisherigen Thrillern um den begnadeten Kunstrestaurator und gleichzeitigen Agenten des israelischen Geheimdienstes geht es immer wieder auch um Kunst und Kultur. Sei es, dass Gabriel grade einen Alten Meister in einer berühmten Kirche oder einem Museum restauriert und alles stehen und liegen lassen muss, um einen neuen Fall zu übernehmen, oder dass er eben einen Kunstraub bedeutenden Ausmaßes aufklärt. In „Die Fälschung“ allerdings wird man überhäuft von Namen, Galeristen wie Sammlern, zahllosen Titeln von berühmten Gemälden in aller Herren Länder. Das ist dann doch ein bisschen heftig, wenn man nicht grade irgendwie „vom Fach“ ist. Offen gestanden, bin ich gedanklich schon recht bald ausgestiegen. Dennoch habe ich auch „Die Fälschung“ bis zum Ende gelesen.

Vom ersten Band an, lernen wir Gabriel Allon nicht nur als den knallharten, oft eiskalten und wie es scheint skrupellosen Geheimdienst-Agenten kennen, sondern auch als einen Mann, der an seiner Familie hängt, verletzlich ist, Traditionen schätzt und seinen Freunden eben ein guter Freund ist. Auch wenn er mit der viel jüngeren Italienerin Chiara eine neue Liebe gefunden hat und mit ihr eine neue Familie gründet, kümmert er sich nach wie vor liebevoll um seine erste Frau, die bei einem Anschlag vor Jahren so schwer verletzt wurde, dass sie seitdem „in ihrer eigenen Welt“ lebt, in einem Heim, im dem sie sehr gut versorgt ist. Über den Tod ihres kleinen Sohnes, der bei dem Attentat ums Leben gekommen war, ist sie nie hinweggekommen.

Inzwischen hat Gabriel, der zuletzt Direktor des Geheimdienstes gewesen ist, sich in den Ruhestand verabschiedet, die Geschäfte seiner langjährigen Kollegin und Freundin Ramona übergeben und möchte sich eigentlich viel mehr um Chiara und die Zwillinge Raffael und Irene kümmern. Die Familie freut sich darauf, nicht mehr jeden Tag Angst um ihn haben zu müssen. Aber jeden Tag die Kinder in die Schule zu bringen, auf dem Rialtomarkt einzukaufen oder auch wieder in Ruhe Gemälde restaurieren zu können, scheint dann doch nicht sooo ausfüllend zu sein.

Als sein alter Freund, der Londoner Galerist Julian Isherwood um seine Hilfe bittet, kann Gabriel ihm das nicht abschlagen. Bei Julian ist es zunächst nur ein ungutes Gefühl, ein Instinkt, als eine französische Sammlerin ihn wegen eines alten Gemäldes um ein Treffen bittet. Das Treffen kommt nie zustande, die Französin hat auf dem Weg dahin einen tödlichen Verkehrsunfall. Gabriel geht dem nach und ist schon bald wieder mittendrin in einem – auch für ihn –  äußerst gefährlichen Spiel um Milliarden mit gefälschter Kunst, rund um die Welt. Gabriels Netz an Freunden und Menschen, die ihm noch einen Gefallen schulden, ist nach wie vor dicht und intakt.

Es fällt ihm nicht schwer, Zugang zu Informationen zu bekommen, an die man eigentlich nicht so einfach kommt. Die Zusammenarbeit mit Polizeibehörden in Frankreich und Italien macht es möglich, außerdem sein altes Team, das zumindest teilweise auch in diesem Fall wieder zum Einsatz kommt. Ein äußerst begnadeter Fälscher mischt den internationalen Kunstmarkt mit Werken Alter Meister auf, die bisher unbekannt oder verschollen waren – Gabriel beschließt, seine eigenen außergewöhnlichen Fähigkeiten zu nutzen und dem „Konkurrenten“ das Handwerk zu legen.

Wer Gabriel Allon bisher nicht kannte, für den ist „Die Fälschung“ sicher kein gelungener Einstieg in eine ansonsten gut gemachte Thrillerserie.

Daniel Silva: Die Fälschung: Ein Gabriel-Allon-Thriller
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Wulf Bergner
Harper Collins, September 2023
448 Seiten, Paperback, 16,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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