Axel Melzener, Julia Nika Neviandt: Schatten über Colonia

Colonia, Confluentes, Durocortorum, Mogontiacum, Lutetia oder AquaeGranni – sind Sie noch bei mir? Die vielen lateinischen Begriffe, wie hier die Namen einiger Städte, machen es ein bisschen schwierig, diesen sonst echt gut geschriebenen, interessanten und durchaus spannenden historischen Krimi nicht gleich wieder aus der Hand zu legen. Wohl dem, der auf (vielleicht nur) rudimentäre Latein-Kenntnisse aus vergangenen Schulzeiten zurückgreifen kann!

Wer das nicht kann, dem hilft ein umfangreiches Glossar am Ende des Buches. Von „ad bestiam“ – eine schwere Strafe für Verbrechen im römischen Justizsystem, über Cena, Centurio, Cervisia, Dekurionen, Liktoren, Medicus, Ornatrix bis zu pro bono oder Zwölftafelgesetz werden hier wichtige Begriffe, die im Text immer wieder auftauchen erklärt. Das ist zwar ein bisschen lästig, wenn man dauernd nachschlagen muss, aber manche Begriffe erklären sich ja im Zusammenhang auch selbst, andere werden von den Autoren im Nebensatz erklärt – man gewöhnt sich.

Außerdem werden die wichtigsten Stämme nochmal aufgeführt, das ist insofern gut, als „die Germanen“, die im Buch für die brutalen Überfälle, die die Stadt in Angst versetzen, kein einheitlicher Stamm sind, sondern aus vielen kleineren und größeren Stämmen bestehen.

Unter „Geographisches“ finden Sie dann auch alle Städtenamen, beziehungsweise Regionen, die eine Rolle spielen und bis heute von Bedeutung sind. Ganz zum Schluss machen sich die Autoren sogar die Mühe, ein paar Empfehlungen abzugeben, die einen Ausflug wert sind, falls Sie noch ein bisschen tiefer eintauchen möchten in die Welt der „alten Römer“. Das reicht von Köln, wo unsere Geschichte ja spielt, und das bis heute an vielen Stellen Zeugnis der Römerzeit gibt, über die römische Villa in Nennig und – direkt benachbart – den Archäologiepark der Villa Borg in Perl und Trier oder Mainz bis nach Colchester in Großbritannien und nach Kroatien.

Man merkt, die Autoren, die beide aus dem Bergischen Land stammen, sind in ihrer Heimat tief verwurzelt und haben sich der Geschichte der Region verschrieben.

Die Geschichte spielt im Jahre 87 n.Chr. in Colonia, einer blühenden, friedlichen und reichen Stadt, die vom Handel lebt und in der Menschen aus allen möglichen Kulturkreisen unbehelligt zusammen leben. Die Ruhe wird empfindlich gestört, als plötzlich räuberische Überfälle die Menschen in Angst versetzen. Augenzeugen wollen eindeutig Germanen als Täter ausgemacht haben. Einer ist denn auch schnell gefasst und wird festgenommen. Zufällig ist der junge, engagierte Anwalt Quintus Tibur zur Stelle, der die Verteidigung des vermeintlichen Räubers übernimmt. Allzu Vieles scheint ihm umgereimt an der Geschichte, die die Männer erzählen, die den jungen Germanen angeblich gleich nach der Tat in Gewahrsam genommen hatten. Mit kluger Recherche und Rhetorik gelingt es Quintus, die Unschuld seines Mandanten zu beweisen. Damit macht er sich keine Freunde.

Die junge Bürgerstochter Lucretia Veturius hat die Verhandlung verfolgt und ist beeindruckt von Quintus. Nur wenig später ist sie selbst von einem solchen Überfall betroffen. Ihre junge Zofe und Freundin wird von den Räubern ermordet, als sie zufällig bei Nachbarn ist, deren Haus überfallen wird. Lucretia will nichts unversucht lassen, den Tod der Freundin aufzuklären und die Mörder zur Rechenschaft zu ziehen. In Quintus findet sie einen Mitstreiter. Beide setzen alles daran, die Serie von Überfällen aufzuklären.

Ein Hinweis, den die Zofe Lucretia mit letzter Kraft noch geben konnte, erweist sich dabei als sehr hilfreich. Schon bald kommen Zweifel auf, dass es wirklich Germanenstämme sind, die die Überfälle begehen. Quintus, selbst Germane, der aber in Colonia heimisch ist, nimmt es gemeinsam mit Lucretia –  auf sich, auf die andere Seite des Rhenus zu reisen, um mit verschiedenen Germanenstämmen zu beraten, was zu tun ist. Mit einer nicht ungefährlichen List gelingt es Quintus und Lucretia, die wahren Täter zu entlarven und weiteres Unheil zu verhindern.

Mit Quintus und Lucretia, einer intelligenten jungen Frau, die sich gerne auch mal den Gepflogenheiten ihres Standes und der Zeit widersetzt, ihren eigenen Willen hat und ziemlich stur und äußerst mutig sein kann, haben die Autoren ein neues Ermittlerduo geschaffen, von dem wir sicher noch einiges hören, bzw. lesen werden.

Spannend geschrieben, stellenweise durchaus amüsant,  bestens recherchiert, erleben wir in „Schatten über Colonia“ einen Ausschnitt der römisch-germanischen Zeit, von der wir bestimmt nicht allzu viel wissen.

Axel Melzener, Julia Nika Neviandt: Schatten über Colonia
Ermittlungen am Rand des römischen Reiches
Fischerverlage, September 2023
543 Seiten, Paperback, 17,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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