Eine spannende Zeit in einer interessanten Region bildet den Hintergrund für den neuen Roman der Autorin, die in eben dieser Region auch zuhause ist.
Über die Spanne von 1919 bis 1949 erzählt sie die Geschichte des Dorfes Wollseifen in der Eifel, welches erst durch den Bau des Urftstaudamms und später aufgrund der Nähe zur NS-Ordensburg Vogelsang zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Heute würde man diesen Ort vergeblich suchen, denn nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet komplett geräumt und zum Truppenübungsplatz umgewidmet.
Anhand der erfundenen Bewohner kann man das Schicksal des Dorfes verfolgen. Es beginnt mit der Rückkehr des Bauernsohnes Albert aus dem ersten Weltkrieg. Er ist schwer versehrt, körperlich durch eine Granatenverletzung im Gesicht und psychisch durch die Erlebnisse auf den Schlachtfeldern. Seine Ehe leidet unter seine Entstellung, dennoch haben er und seine Frau Bertha mehrere Kinder.
Dann gibt es noch Leni, die Verlobte von Alberts bestem Freund, der im Krieg gefallen ist. Sie hat ein Kind und Albert möchte ihr gern helfen, doch sie möchte sich nicht helfen lassen.
Immer wieder gibt es Szenen in der Dorfkneipe, wo man die anderen Bewohner des Ortes kennenlernt und wo die aktuellen zeitgeschichtlichen Entwicklungen diskutiert werden. Eingeschoben in die chronologisch ablaufende Handlung sind zudem Tagebucheinträge des örtlichen Lehrers, der die dörflichen Ereignisse ebenso kommentiert wie die politischen im fernen Berlin.
In gemächlicher Weise erzählt
Der Roman ist in einer gemächlichen Weise erzählt, in altmodischem Schreibstil. Dabei gelingt es der Autorin durchaus, sowohl das passende Lokalkolorit wie auch die zeitgeschichtlichen Aspekte zu vermitteln. Dabei jedoch ist diese Erzählweise dann doch etwas zu betulich und auch zu distanziert. Es gibt, abgesehen von Albert, der als Hauptfigur zählen könnte, keine einheitliche Erzählperspektive, so dass es mir als Leserin sehr schwer fällt, Empathie für die Figuren zu entwickeln.
Die Figuren sind im Übrigen sehr flach konzipiert, sehr auf ihre Rolle in der Geschichte beschränkt. Hinzu kommt eine manchmal schon unerträgliche Schwarz-Weiß-Malerei. Da gibt es den immer freundlichen Kneipenwirt und den bösen Nazi mit dem stechenden Blick. Gerade letzterer ist geradezu ein Abziehbild, da ist nichts an dieser Figur, das nicht Klischee ist.
So konnte mich der Roman nicht erreichen, die Geschichte nicht berühren, so interessant der historische Gesichtspunkt auch wäre.
Anna-Maria Caspari: Ginsterhöhe.
Ullstein, Dezember 2022.
399 Seiten, Taschenbuch, 16,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.