Alexander Schwarz: Bertha Benz und die Straße der Träume

Wer den Namen „Bertha Benz“ hört, denkt sicher gleich an die erste Autofahrt der Welt. 1888 war es die Ehefrau des Erfinders und Ingenieurs Carl Benz, die dem ersten selbstfahrenden Wagen zum Durchbruch verhalf. Bertha hatte es einfach satt, dass ihr Mann über Jahre und Jahrzehnte an einem Projekt tüftelte und feilte, Zeit und damit auch wertvolles Geld investierte, ohne dass es je zu einem Ende kam. Carl war voller Ideen und machte viele Erfindungen, aber mit Geld konnte er nicht umgehen und an Unternehmergeist fehlte es ihm.

Ohne Bertha wäre seine Firma mehr als einmal pleite gegangen. Das Leben an Carls Seite ist für Bertha nicht leicht. Wäre ihre Liebe nicht so stark, wäre sie sicher verzweifelt. Bertha glaubt an den Erfolg ihres Mannes. Immer wieder steht sie ihm zur Seite, steht harte und entbehrungsreiche Zeiten mit ihm durch, bis hin zur Pfändung all seiner Maschinen und Werkzeuge durch den Gerichtsvollzieher. Carl steht wieder einmal vor dem Nichts, kann nur noch kleine Aufträge annehmen und muss alles von Hand machen. Bertha ermutigt ihn, weiterzumachen. Von nun an kümmert sich Bertha um alles Finanzielle. Mit zwei Geschäftsleuten, die an Carls gute Arbeit glauben und in seine Firma investieren, geht es wieder aufwärts. Allerdings sehen die beiden es nicht gerne, dass Carl viel Zeit auch weiterhin an die Entwicklung seiner selbstfahrenden Maschine verschwendet.

Wieder ist es Bertha, die vermittelt. Und das ist auch der Punkt, an dem sie beschließt, dass etwas geschehen muss, das Carls selbstfahrenden Wagen bekannt macht und beweist, dass er mehr kann als Lärm und Gestank verbreiten. In Mannheim hat Carl deswegen schon Fahrverbot, weil die Leute sich beschweren, dass die Pferde bei dem Krach scheuen und dass der Gestank unerträglich sei. Bertha hat viel Zeit in der Werkstatt verbracht, schon als Kind bei ihrem Vater bewiesen, dass sie handwerkliches Geschick und technisches Verständnis hat, sie ist mit dem Wagen vertraut, der da in der Werkstatt steht und nur darauf wartet, auch mal gefahren zu werden. Bei Nacht und Nebel bricht Bertha, zusammen mit ihren beiden Söhnen auf, sie will mit dem selbstfahrenden Wagen von Mannheim nach Pforzheim fahren.

Eine Strecke, über die man sich heute keine Gedanken mehr macht, die damals aber in einem Tag kaum zu schaffen war. Bertha will es sich und der Welt beweisen. Ihre Reise wird zum Abenteuer mit vielen Pannen und Schwierigkeiten, aber Bertha und ihre Söhne kommen wohlbehalten in Pforzheim an. Ihr Mut wird belohnt und auf der Fahrt haben sie einige Erfahrungen gemacht, die der weiteren Entwicklung des Wagens dienlich sind. Wir erleben Bertha als eine sehr zielstrebige, loyale, verantwortungsbewusste Frau mit viel Unternehmergeist und Liebe für ihre Familie. Mutig und entschlossen, intelligent und weiterdenkend. Eine Vorkämpferin für die Rechte der Frauen, für Selbstständigkeit und eigene Verantwortung. Auch wenn historisch nicht viel mehr von Bertha Benz, geborene Ringer, bekannt ist als ihre Lebensdaten und eben diese legendäre Fahrt, ist es dem Autor gut gelungen, ihre Figur lebensnah und eindrücklich zu schildern.

Historische Begebenheiten und eben Fiktion werden sehr realistisch und emotional miteinander verwoben. Packend von den ersten Seiten an. Sehr anschaulich auch die Denk- und Lebensweise im ausgehenden 19. Jahrhundert. Auch im Schreibstil erleben wir hin und wieder ein bisschen diese alte Zeit, oder haben Sie in den letzten Jahren mal das Wort „flugs“ oder „anmutig“ oder gar „Busenfreundin“ gehört? Wer die Gegend um Mannheim bis Pforzheim kennt, der erlebt sie auf Berthas Fahrt sicher noch einmal ganz neu und aus ganz anderer Perspektive. Ein sehr bildhafter, packender Roman.

Alexander Schwarz: Bertha Benz und die Straße der Träume
Knaur, Mai 2024
400 Seiten, Taschenbuch, 17,99 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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