Zoe Hagen: Tage mit Leuchtkäfern

agDie 15-jährige Antonia sieht in ihrem Leben wenig Sinn. An Bulimie erkrankt, fühlt sie sich von ihrer Familie, vor allem von der Mutter, ungeliebt. Dem Teufelskreis der Krankheit kann sie nicht entrinnen, obwohl sie sehr genau weiß, wie er funktioniert. Auch ihre Mutter hat ein falsches Bild und glaubt, man könne die Tochter heilen, wenn sie nur ein gewisses Gewicht erreiche. Da lernt Antonia zufällig Fred kennen, der sich mit einigen anderen jungen Menschen zusammengetan hat. Fred, Fabien, Lynn, Noah und Amira haben alle Selbstmordversuche hinter sich und haben sich in der Klinik kennengelernt. Seitdem sind sie eine eingeschworene Gemeinschaft, treffen sich regelmäßig und philosophieren über das Leben. Durch sie lernt Antonia, die von ihnen nur Gandhi genannt wird, mehr über das Leben, den Tod und den Sinn dahinter.

Zugegeben findet man zu diesem Roman, den die junge Autorin (Jahrgang 1994) mit 17 Jahren innerhalb kürzester Zeit schrieb, schwer Zugang. Gerade am Anfang erfährt man wenig über die Protagonistin. Sogar ihr Name bleibt bis fast zum Schluss unbekannt. Aber je mehr man liest, desto mehr wird man in die Geschichte hineingezogen. Die Kapitel bestehen aus Briefen, die das Mädchen an Gott schreibt. Dabei glaubt sie gar nicht so sehr an Gott, befindet sich eher in einem Zwiespalt, ob er existiert und weiß, dass sie ihrerseits existiert. Diesen Zwiespalt fechtet sie mit ihrem stillen Zuhörer aus, der natürlich nicht ein einziges Mal zurückschreibt.

Die Kraft dieser Geschichte wird dann erst nach und nach klar. Schade ist es allerdings, dass man sehr wenig über Fred, Fabien, Lynn, Noah und Amira erfährt. Einiges bleibt vage, dient dadurch aber auch wieder der Geschichte, macht sie geheimnisvoll. An manchen Stellen hätte ich mir allerdings ein paar Infos mehr gewünscht. Ähnlich ergeht es einem mit der Protagonistin: Sie hält sich vor den Lesern und Leserinnen zurückgezogen und erst wenn man länger liest, lernt man einige Facetten von Gandhi kennen. So entfaltet sich dann auch schließlich die Geschichte wie die Flügel eines der Leuchtkäfer, die zu einem wichtigen Sinnbild im Roman werden.

Zurück bleibt eine bewundernswerte, wenn auch nicht leicht zugängliche Geschichte für Jugendliche ab 14 Jahren, vielleicht auch Eltern, die sich für die Thematik interessieren. Sehr poetisch formuliert und fast wie ein Wimmelbuch, mit allerhand zu erspüren.

Zoe Hagen: Tage mit Leuchtkäfern.
Ullstein, März 2016.
192 Seiten, Taschenbuch, 13,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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