Veronica Roth: Rat der Neun 01: Gezeichnet

Das Buch „Rat der Neun – Gezeichnet“ ist ein Fantasy/Science-Fiction Roman von Veronica Roth,  einer renommierte Autorin, die durch ihre auch verfilmte Trilogie „Die Bestimmung“ weltweit bekannt wurde. Mit „Rat der Neun – Gezeichnet“ ist im Januar 2017 der erste Band ihres neuen Zweiteilers erschienen, für den sie nicht nur eine neue Welt, sondern gleich ein ganzes Universum erschaffen hat.

Es gibt neun bewohnte Planeten, die klimatisch sehr unterschiedlich sind. So ist etwa der Planet Tepes der Sonne des Systems am nächsten und daher ein Wüstenplanet. Der Eisplanet Thuve wiederum ist weit von der Sonne entfernt und daher auch als Eisplanet bekannt. Jeder der neun Planeten hat einen Sitz im Rat der Neun.

Alle Menschen besitzen eine besondere Lebensgabe, die einen wesentlichen Einfluss auf ihr Leben und ihre Zukunft hat. Für manche ist dies positiv, für andere weniger. So hat Cyra die Gabe Schmerz. Es bedeutet für sie, bei jeder Berührung eines anderen Menschen selbst Schmerz zu empfinden, dem anderen aber auch Schmerzen zuzufügen. Akos hingegen, der in Cyras Dienst gestellt wird, kann die Gaben anderer abschwächen. Somit ist er in der Lage, die Schmerzen Cyras zu lindern. Cyra wird von ihrem grausamen Bruder Ryzek ausgenutzt, Menschen zu foltern. Daher hält sie sich selbst für ein Monster und bildet einen interessanten Kontrast zu dem eher gutmütigen, dabei aber keinesfalls schwachen Akos.

Auf Thuve leben die beiden Völker der Thuvesi und der Shotet. Beide haben der Anspruch, den Planeten zu beherrschen, und sind daher zerstritten.

Das Buch beginnt damit, dass der junge Akos (ein Thuvesi) mit seiner Familie zum alljährlichen Blütenfest geht. Ein sehr harmonischer Beginn, der aber schnell durch die düstere Realität abgelöst wird. Es wird klar, dass nicht Liebe und Freundschaft, sondern Gewalt und Rache das Leben der Völker beherrschen.

Akos und sein Bruder Eijeh werden von den Shotet entführt. Nur Cisi, die kleine Schwester kann entkommen. Der Grund für die Entführung ist, dass es einige Menschen gibt, die als Orakel in die Zukunft sehen können. Eijeh verfügt über diese Fähigkeit und soll der Familie der Noavek (der auch Cyra angehört) helfen, die Herrschaft der Shotet nicht nur über den Eisplaneten, sondern über alle neun Planeten auszudehnen.

Akos wird aufgrund seiner Gabe zum Diener Cyras. Nur er ist in der Lage, sie zu berühren, ohne dabei selbst Schmerzen zu empfinden. Er, der eigentlich aus einer angesehenen und wohlhabenden Familie stammt, wird gezwungen, als Diener der Frau zu arbeiten, die immer wieder Menschen foltert und tötet. So ist das Verhältnis zwischen Akos und Cyra trotz ihres gleichen Alters zunächst alles andere als gut. Doch mit der Zeit begreift Akos, dass Cyra nur ein Werkzeug ihres Bruders ist. Die beiden kommen sich näher und schließen einen Pakt, um Eijeh zu retten…

Veronica Roth hat hier eine sehr komplexe Handlung ausgearbeitet und hervorragend umgesetzt. Trotz all der fremden Welten und der ungewohnten Namen liest sich ihr Schreibstil sehr flüssig.

Das Buch besteht aus vier Teilen, die nochmal in einzelne Kapitel unterteilt sind. Die Passagen mit Cyra sind dabei in der Ich-Perspektive geschrieben, die von Akos hingegen aus der Perspektive eines Erzählers. Das macht die Unterscheidung für den Leser einfacher.

Auf Spannung und Action muss man auch nicht lange warten. Langeilig wird das Buch an keiner Stelle. Bisweilen geht es für meinen Geschmack etwas zu brutal zu. Aber es gibt auch immer wieder völlig unerwartete, doch nachvollziehbare Szenen, was für mich ein Zeichen von Qualität ist.

Die Charaktere sind durchweg interessant und vielschichtig angelegt. Das gilt nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für Nebenfiguren. Ganz klar: Die Autorin versteht ihr Handwerk. Alleine deswegen schon hat mir das Lesen Spaß gemacht.

Es fiel mir allerdings nicht leicht, in die Geschichte hineinzufinden. Dazu sind die Welten, die Veronica Roth so hervorragend aufbaut, einfach zu fremdartig und zu komplex. Ähnliche Schwierigkeiten hatte ich schon bei „Der Bestimmung“, deren Welt im Vergleich zum „Rat der Neun“ einfacher war. Insofern musste ich mich doch anstrengen, um dabei zu bleiben und zu verstehen, worum es geht. Ein Glossar und eine Karte des Universums gibt es zwar, aber ein Namensregister wäre doch hilfreich gewesen. Letztlich gehört dieses ‚Hineinfinden‘ aber auch irgendwie zum Genre. Schließlich will ich als Leser ja neue und fremdartige Welten kennenlernen. Dazu gehört dann eben auch die Geduld, genau das zu tun.

Nun gibt es Fantasy/SciFi-Literatur, die außer komplexen Welten wenig oder nichts zu bieten hat. Dazu gehört der „Rat der Neun“ definitiv nicht! Die Charaktere sind liebevoll und detailreich gestaltet, die Protagonisten Cyra und Akos entwickeln sich selbst und in ihrer Beziehung zueinander stetig weiter. Äußerst gelungen fand ich auch die Idee mit den Lebensgaben, die die Figuren nochmal interessanter machen und die Geschichte bereichern. Überhaupt ist die Handlung durchweg spannend und vielschichtig. Besonders im zweiten Teil nimmt sie nochmal deutlich an Fahrt auf. Hier entwickelt sich das Buch zu einem echten Pageturner.

Etwas unglücklich vielleicht ist der deutsche Titel, der so gar nichts mit dem sehr schönen Cover zu tun hat, das mehrere Einschnitte zeigt (Originaltitel: „Carve the mark“). Vom Rat der Neun dagegen ist im Buch nur selten die Rede.

Das Buch ist gewiss keine leichte Lektüre. Dazu ist es zu komplex, zu schwarz und zu tiefgründig. Lässt man sich aber darauf ein, findet man sich in einem dieser Romane wieder, von denen man sich wünscht, sie würden nie enden. Eine klare Leseempfehlung von mir. Ich freue mich auf den zweiten Band!

Veronica Roth: Rat der Neun 01: Gezeichnet.
cbt, Januar 2017.
608 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Christian Rautmann.

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