Katrine Engberg: Blutmond

Die Kopenhagener Fashion Week im Januar, wenige Tage vor dem astrologischen Ereignis des Blutmondes: Modezar Alpha Batholdy bricht nach einem Event tot zusammen. Seine inneren Organe sind verätzt worden, offenbar durch eine stark basische Substanz wie Abflussreiniger, die während der Eröffnungsfeier in seinen Drink gelandet ist. Wenig später ereilt Sängerin Cara dasselbe Schicksal. Die Kopenhagener Polizei rund um Jeppe Korner und seine Kollegin Anette Werner versucht anhand von Zeugenaussagen und Social Media Selfies die Beziehungen der Akteure untereinander zu entschlüsseln. Das Problem: Jeppes bester Freund, der Schauspieler Johannes Ledmark, war mit beiden Opfern bekannt, hatte sie an den Abenden getroffen und sogar einen schweren Streit mit Alpha gehabt. Jeppe gerät in ein schweres Dilemma.  Soll er Johannes schützen? Wie gut kennt er seinen besten Freund wirklich?

In atemlosen Tempo und in bester skandinavischer Manier, präsentiert uns die Autorin routiniert ein sich immer schneller drehendes Roulette, das sich um die Frage „Who did it?“ dreht. Sie präsentiert uns eine ganze Reihe von Verdächtigen mit verschiedensten, starken Mordmotiven.

Der zweite Band der Kopenhagener Krimireihe von Katrine Engberg spielt im Modemilieu der Metropole. Schnell wird klar: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Hinter Champagnerkorken und Botoxmasken lauern diverse Abgründe. Heimliche Affären, betrügerische Geschäfte, Habgier und Eitelkeiten pflastern den Weg der Reichen und Schönen. Dazu kommen noch allerlei illustre Gestalten wie die spirituelle Seherin Lulu Sui. Für Jeppe startet ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die Schlinge zieht sich immer enger um den Hals seines besten Freundes Johannes. Vor allem, nachdem herauskommt, dass dieser mit Alpha eine Affäre hatte und dieser ihn zu erpressen versuchte. Doch welches Ereignis verbindet alle Charaktere? Welches Motiv liegt hinter einem derart schmerzhaften und abscheulichen Tötungsdelikt? Zum Glück erhält Jeppe Unterstützung von Esther de Laurenti, einer pensionierten Krimischriftstellerin, die nach den traumatischen Ereignissen des ersten Bandes das Schreiben an den Nagel gehängt, aber nicht ihre Lust am Ermitteln verloren hat…

Auch sonst gibt es ein Wiedersehen mit zahlreichen Charakteren aus Band eins, dem Roman „Krokodilwächter“. Die Autorin hat dabei die kluge Entscheidung getroffen, ihre Hauptdarsteller nicht tiefer abstürzen zu lassen, sondern hat alle Charaktere zum Positiven hin entwickelt. Dieser „Fan Service“ ist sicherlich auch der hohen Beliebtheit ihrer Figuren zu verdanken, zumindest lassen Katrine Engbergs Dankesworte am Ende des Romans darauf schließen. Protagonist Jeppe hat seine Scheidungskrise überwunden und blüht an der Seite seiner neuen Freundin auf. Anette ist zwar völlig außer Form und hat mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, was ihrem Mundwerk und ihrer direkten Art allerdings keinen Abbruch tut. Sara Saidini darf in vielerlei Beziehung aus ihrem Schattendasein als Schreibtischermittlerin heraustreten und sogar der arrogante Polizeikollege Thomas Larsen zeigt plötzlich menschliche Züge.

Die Figurenentwicklung ist als sehr positiv zu begrüßen. Es erweist sich als wahre Wohltat, einmal einen Krimiplot zu lesen, in dem die Ermittler nicht selbst mit schwerwiegenden Psychoproblemen zu kämpfen haben. Für Abgründe aller Art sorgen bereits die Opfer und Verdächtigen. Dadurch gewinnen die Hauptcharaktere einige Sympathiepunkte und als Leser wissen wir die kleinen Verschnaufpausen zwischen verätzten Speiseröhren durchaus zu schätzen. Im zweiten Teil der Reihe blitzen jedenfalls nach Abzug des Blutmondes diverse Happy Ends am Himmel auf.

Beste Bedingungen für einen dritten Teil!

„Blutmond“ ist für Fans der Serie ein absolutes Muss, aber auch für Einsteiger bestens geeignet.

Und wer skandinavische Krimis liebt, wird von dem Setting nicht enttäuscht werden. Kalte, klirrende Nächte und das zusätzlich durch den Blutmond verdunkelte Firmament sorgen für wohliges Gänsehautfeeling beim Lesen.

Katrine Engberg: Blutmond.
Diogenes, März 2019.
480 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

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