Haruki Murakami: Erste Person Singular

Der japanische Erfolgsautor Haruki Murakami (Jahrgang 1949) hat ein neues Buch veröffentlicht. Der Erzählband „Erste Person Singular“ ist am 26. Januar 2021 in einer Übersetzung von Ursula Gräfe im DuMont Buchverlag erschienen.

Affen scheinen es den Autoren angetan zu haben. Im letzten Jahr erschien Patti Smiths „Im Jahr des Affen“, soeben T. C. Boyles „Sprich mit mir“ und nun der sprechende Affe in Murakamis Erzählung „Bekenntnis des Affen von Shinagawa“, den Murakami-Lesende schon aus dem Erzählband „Blinde Weide, schlafende Frau“ aus dem Jahre 2006 kennen.

In einem kleinen japanischen Badeort erzählt dieser Affe dem Ich-Erzähler  bei einem Bier seine Lebensgeschichte und verrät ihm seine heimliche Leidenschaft. Aber der „Affe von Shinagawa“ ist nur eine der neun Erzählungen.

In der titelgebenden Erzählung „Erste Person Singular“, die sich am Ende des Buches findet, besucht ein Mann, der an diesem Abend einen Anzug und ein Hemd mit Krawatte trägt, eine Bar. Dort wird er unvermittelt von einer Frau verbal attackiert. Dieser Vorfall lässt ihn verwirrt zurück.

Überhaupt handeln einige der Erzählungen von Begegnungen der durchweg männlichen Ich-Erzähler mit Frauen. So erinnert sich ein Mann z.B. in „Auf einem Kissen aus Stein“ an eine jungen Frau, die Gedichte schreibt, und mit der er als Student in einem Restaurant arbeitete. Oder F*, die hässlichste Frau, die der Protagonist in „Carnaval“ je gekannt hat. Diese charmante und kultivierte Person, mit der der Erzähler einen regelmäßigen Austausch über Musik pflegt, entpuppt sich als Betrügerin.

Musik ist das zweite große Leitthema in den Hurakami-Geschichten. Da spielt Charlie Parker zusammen mit Antônio Carlos Jobim auf einer erfundenen  Schallplatte.

In „With the Beatles“ erinnern die Musikstücke der Beatles aus den 1960er Jahren den inzwischen altgewordenen Erzähler  an seine erste Freundin.

Als Baseball-Fan inspirierte die Sportart Haruki Murakami zum Schreiben von Gedichten wie er in „Gesammelte Gedichte über die Yakult Swallows“ erzählt.

Aber auch andere Erzählungen von Haruki Murakami in „Erste Person Singular“ tragen autobiografische Züge. Es sind die unauffälligen, unspektakulären Momente, die Murakami zu phantasievollen Erinnerungen formuliert. Seine männlichen Protagonisten schwanken zwischen Wirklichkeit und Ausgedachtem, genau wie die Lesenden. So schreibt Murakami am Ende der Erzählung „Charlie Parker plays Bossa Nova“:

„Sie glauben mir wohl nicht? Das sollten Sie aber, denn es ist wirklich so passiert.“ (S. 64)

Es scheint, als gäbe Haruki Murakami mit diesen Erzählungen das Grundrezept seines Schreibens heraus:

ein bisschen Wahrheit,
eine Prise Erinnerung,
ein Schuss Phantasie und
jede Menge rätselhafter Träume, Figuren und Dinge,
wortgewandt gemischt und fertig ist der wohl einmalige Murakami-Sound.

Murakami-Fans werden begeistert sein. Die anderen Lesenden können sich an den wunderbar wundersamen Erzählungen erfreuen.

Haruki Murakami: Erste Person Singular.
DuMont Buchverlag, Januar 2021.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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