Christoph Ransmayr: Cox: oder Der Lauf der Zeit

coxDas ist ein Roman, den ich nicht gerne rezensieren würde, wäre er mir vorgelegt worden, mit genau dieser Bitte darum. Das liegt an einem ständigen Unbehagen, der Unlust, das Buch immer wieder in die Hand nehmen (zu) müssen – weil es mich doch streckenweise sehr langweilte. Es gibt viele Bücher mit hochtrabenden Titeln die, sagen wir, die ZEIT, als philosophische, quasi metaphysische Dominante nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen. Denn die Zeit ist und bleibt ewig ein Rätsel. Obwohl es die Relativitätstheorie schon lange gibt, die Ungleichheit der Zeit,  die Quantenphysik, die Masse und das endlose Universum mit seiner Mehrdimensionalität. Jetzt könnte man banal weitermachen, denn die milden Einsichten wie „Alle Uhren gehen anders“ oder „Was ist schon Zeit? Man kann trödeln und trödeln – es wird einfach nicht früher!“ kann man auch ganz lustig an den Mann bringen. So, und jetzt Ransmayr.

Schon lange von mir bewundert als hochphilosophischer, nie einfacher Romancier, von dem ich natürlich vor ca. 20 Jahren sowohl „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“ (großartig) gelesen habe als auch zuletzt seinen Weltüberblick „Atlas eines ängstlichen Mannes“ – sehr gut! Er packt das Thema China wohl auch deshalb an, weil in seinem „Atlas“ die Mandarinen mehrfach auftauchen, inklusive der mächtigen Mauer. Hier ist ihm wohl die Idee gekommen. Ein Bauwerk, das allein mit seiner Existenz, scheint, die Ewigkeit besiegen zu wollen. Zur Geschichte: der Kaiser von China, der mächtigste Mann der Welt, der Herr über zehntausend Jahre und der Herr über die Zeit (!), holt den bekannten und besten englischen Automaten – und Uhrenerbauer Cox ihn sein Reich. Wir sind wohl so im ausgehenden 18. Jahrhundert, schätze ich mal.

Die Idee seiner Unermesslichkeit ist nun, dass Cox und seine Truppe ihm Uhren baut. Der erste Gedanke hört sich schon nicht schlecht an: da die Zeit subjektiv immer unterschiedlich für ein Individuum vergeht, abhängig davon was man grade treibt (die Zeit vergeht immer zu langsam wenn eine Hand auf einer heißen Herdplatte liegt und immer zu schnell, wenn du verliebt bist – hinterher wieder andersrum, etc.), will der Kaiser entsprechende Gefühlsuhren, die adäquat der subjektiven Empfindung, die Zeit misst. Irgendwann geht er dann doch davon ab, bzw. er langweilt sich, und bestellt die Uhr aller Uhren: ein Perpetuum mobile als Zeitmesser der Ewigkeit, die die Energie dazu aus sich selbst liefert. Die Coxtruppe ist fleißig und alles wird garniert in einer Ransmayr – Sprache, die – wenn nicht mindestens gewöhnungsbedürftig -, doch einem irgendwann auf den Sack geht. All die Eunuchen, Konkubinen, die tuschelnden Beamten, die verbotenen Stadt, das auf die Knie rutschen, das purpurne Geleier…ach ja.

Das Buch ist irgendwie aus der Zeit gefallen. Doch einen Ransmayr sollte man nie aufgeben.

Christoph Ransmayr: Cox: oder Der Lauf der Zeit.
Fischer, Oktober 2016.
304 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.

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