Benedict Wells: Hard Land

Fünf Jahre hat es gedauert, bis Benedict Wells‘ neuer Roman Hard Land bei seinem Hausverlag Diogenes erschienen ist. Zuvor hatte er mit seinem Erfolgsroman Vom Ende der Einsamkeit, der über eineinhalb Jahre auf der Bestsellerliste stand, die eigene Messlatte sehr hoch gelegt. Schon aus diesem Grund darf man auf Hard Land gespannt sein.

Zum Inhalt: Die Handlung ist im Jahr 1985 in der fiktiven, recht gewöhnlichen Kleinstadt Grady im US-Bundesstaat Missouri angesiedelt. Hier spielt die typische Coming-of-Age-Geschichte des Protagonisten Sam.

Für den fünfzehnjährigen Sam bricht ein einschneidender Sommer mit vielen Facetten aus Glück und Leid an. Doch nicht nur Sams ureigene, von Unsicherheiten und Ängsten behaftete Welt ist im Umbruch; auch in seiner Familie ist vieles aus dem Lot.

Über die Ferienzeit nimmt Sam einen Job im Kino von Grady an. Hier kann er den Problemen im Elternhaus entfliehen. Hier findet er auch endlich Freunde die ihn akzeptieren und in ihre Clique aufnehmen, obwohl er einige Jahre jünger ist. Mit seinen neuen Freunden taucht er in eine andere Lebenswelt ein. Zusammen abhängen, endlose Diskussionen, Filme und Musik prägen von nun an seine Tage und Nächte. Nach und nach gewinnt Sam an Selbstvertrauen. Sogar seine Angststörungen werden weniger. Er wächst über sich selbst hinaus und besteht eine Mutprobe, die ihn von nun an stärker sein lässt. Endlich behauptet er sich, findet zu sich. Und natürlich verliebt Sam sich während dieser Phase auch. Mit der Zeit merkt er, dass auch die Freunde aus der Clique so ihre eigenen kleinen und größeren Probleme mit sich auszufechten haben.

Das titelgebende Hard Land, das immer wieder im Text auftaucht, bezieht sich auf einen Gedichtband, über den die Schüler der Juniorklasse Gradys jedes Jahr ihren Jahresaufsatz schreiben. Im Inhalt des Gedichts geht es wie in Sams eigenem Leben um den Entwicklungsprozess eines Jugendlichen. Mit diesem Gedichttext und seiner Aussage beschäftigt Sam sich nicht nur in der Schule, auch zu Hause lässt ihn der Text und seine mögliche Interpretation nicht los.

Fazit: Ein jugendlicher Protagonist schwebt in Phasen zwischen Melancholie und Höhenflügen. Benedict Wells zeigt mit den Wechselbädern von Sams Gefühlen dessen Innenleben, das von Angst, Trauer, Schmerz, Glücksgefühlen, Sehnsüchten und dem Ausleben einer neu gewonnenen Freiheit dominiert wird, auf. Am Ende ist Sam reifer und dabei nicht nur durch einen schweren Schicksalsschlag  sich selbst und dem Leben näher gekommen.

Die Sommertage, die Sam im Kino und mit seinen Freunden verbringt, lesen sich jedoch auf über 165 Seiten langatmig und stellenweise etwas flach. Was in zwei gestrafften Kapiteln hätte abgehandelt werden können, nimmt fast die Hälfte des Buchs in Anspruch. Erst ab dem Abschnitt die Prüfung nimmt der Plot an Fahrt auf. – Ab hier endlich findet Benedict Wells ganz plötzlich zu der sublimen Form mit den entsprechenden Tiefen, die er so gut aufzuzeigen vermag.

Benedict Wells: Hard Land.
Diogenes, Februar 2021.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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