Berlin, 1911: Mit vor Aufregung schweißnassen Händen treten die Schwestern Marlene und Emma Lindow auf das Gelände der Kinderklinik Weißensee. Die soeben neu eröffnete Kinderklinik bietet den beiden Waisen die Chance, eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester zu absolvieren. Doch aufgrund ihrer Herkunft haben die beiden jungen Frauen es nicht leicht und müssen immer wieder gegen Vorurteile ankommen. Als dann auch noch ein kleiner Patient mit unklaren Symptomen für Aufsehen sorgt, steht der ganze Ruf der Klinik auf der Kippe.
Die Autorin Antonia Blum entdeckte durch Zufall die Ruine der einstigen Kinderklinik Weißensee und begab sich dann auf Spurensuche in der Vergangenheit. Der vorliegende Roman ist der erste von drei Bänden rund um Marlene und Emma Lindow, die meist abwechselnd von ihren Erlebnissen in der Klinik berichten. Entstanden ist ein sehr bunter, unterhaltsamer historischer Roman, in dem sich natürlich auch das ein oder andere Klischee findet – das schadet ihm aber nicht. Die Geschichte rund um die beiden angehenden Kinderkrankenschwestern ist so nett erzählt, dass man darüber gerne hinwegsieht. Im Roman findet sich die ganze Bandbreite menschlicher Themen. Beide Schwestern verlieben sich in dem Jahr, bekommen menschliche Schicksale mit, geraten an ihre Grenzen und gehen darüber hinaus.
Dabei könnten Emma und Marlene kaum unterschiedlicher sein. Sie sind vom Alter her knapp zwei Jahre auseinander und Waisen, seitdem Marlene ihren sechsten Geburtstag gefeiert hat. Ihren Vater kennen sie nicht, die Mutter verstarb an einem Blinddarmdurchbruch, während sie mit den Kindern im Bett lag. Um der Fürsorge zu entgehen flohen die kleinen Kinder nach Berlin, wo sie sich eine Weile durchschlagen konnte, bis sie trotzdem im Waisenhaus landeten. Doch sie hatten Glück und ein unbekannter Gönner sorgte dafür, dass immer eine schützende Hand über ihnen lag und ihnen alles ermöglicht wurde. Und so landen die beiden Waisen mit einer bisher makellosen Schulausbildung in Weißensee und beginnen ihre Ausbildung als Kinderkrankenschwestern.
Der Band lässt Vieles noch offen, auch wenn man als Leserin oder Leser schlauer ist als die beiden Hauptfiguren, denn manches Geheimnis schimmert in den Kapiteln durch. Es bleibt auch weiterhin spannend rund um die beiden Schwestern. Der zweite Band soll unter dem Titel „Jahre der Hoffnung“ im September 2021 erscheinen.
Die Wartezeit bis dorthin wird lang sein, denn „Zeit der Wunder“ war sehr schön zu lesen und äußerst unterhaltsam. Gerne mehr davon!
Antonia Blum: Kinderklinik Weißensee 01: Zeit der Wunder.
Ullstein, November 2020.
432 Seiten, Taschenbuch, 10,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.
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