Andreas Maier: Die Universität

Der Doktor der Philosophie und Schriftsteller Andreas Maier (Jahrgang 1967) hat 2011 mit dem Buch „Das Zimmer“ einen autobiografischen Romanzyklus angefangen, von dem bisher fünf Teile veröffentlicht wurden. Im Februar 2018 erschien im Suhrkamp Verlag Teil Sechs „Die Universität“. Wie seine Vorgänger ist „Die Universität“ ein schmales Bändchen. Darin beschreibt Maier die ersten Semester seiner Philosophie-Studienzeit in Frankfurt a. Main Ende der 1980er Jahre.

Andreas Maier ist von Friedberg in der Wetterau nach Frankfurt am Main gekommen, um Philosophie und Germanistik zu studieren. In den Semesterferien will er nach Italien, genauer gesagt nach Südtirol. Doch als er am Hauptbahnhof Frankfurt steht, kauft er eine Fahrkarte nach Butzbach, wo sich eine Zweigstelle der Bindernagelschen Buchhandlung befindet. In die Buchhändlertochter war er einst verliebt.

Zurück in Friedberg sitzt er vor einem leeren Blatt Papier mit der Überschrift „Butzbachfahrt“.

An der Johann Wolfgang Goethe Uni in Frankfurt beobachtet er seine Kommilitonen, klassifiziert sie nach Professorenzugehörigkeit und verbringt seine Tage auf der Matratze seines Zimmers. Er leidet unter Magenkrämpfen und Hautausschlägen. Er kann nichts schreiben. Bei einer Zimmerbesichtigung entdeckt er ein Erotikmagazin, in dem er auf Fotos eine Schulfreundin wieder zu erkennen meint. Er pendelt zwischen Seminarräumen, Mensa und Kneipe. Er beschreibt die studentischen Insidersprachen (den Philosophenjargon) und kauft freitags die Frankfurter Rundschau. Darin findet er ein Stellenangebot eines Pflegedienstes. Er beginnt mit der Arbeit dort und landet eines Tages bei der Witwe von Theodor W. Adorno, Gretel Adorno. Gretel Adorno gilt als schwierige Klientin, sie ist aggressiv und gewalttätig. Maier ist fasziniert von der Umgebung, den Büchern und der Person Gretel Adorno. Er spielt mit ihr Domino und sorgt dafür, dass sie nach Jahren wieder das Haus verlässt. Im Rollstuhl wird sie am Gebäude des Suhrkamp Verlages vorbei zum Café Laumer gefahren, „in das sie immer mit Teddy zu gehen pflegte“.

Er fährt im Auto in den Stau auf der A5 und besucht am Ende der Geschichte seine Heimatstadt, nicht ohne in der Kirche auf seine alte Liebe, die Buchhändlertochter zu treffen.

„Die Universität“ von Andreas Maier ist ein langweiliges Buch. Der Ich-Erzähler verharrt in seiner Jugend und leidet unter depressiven, beinahe noch pubertären Verstimmungen. Die Studienzeit kommt bei Andreas Maier nicht als Zeit der Befreiung und des persönlichen und sozialen Wachstums daher, sondern als quälende Phase der Unentschlossenheit und des Minderwertigkeitsgefühl. Der Blick des Protagonisten geht immer wieder zurück, er steckt geradezu darin fest. Seine Mit-Studenten betrachtet er distanziert und abschätzig. Bei Andreas Maier hat die Zeit an der Universität nichts von Aufbruch, Bewegung und Emanzipation. Erst spät in der Geschichte rührt die Begegnung mit Gretel Adorno die Hauptfigur an, er engagiert sich. Aber auch darin bleibt er blass und zurückgenommen. Und Maiers Erzählen mit ihm. Hatte ich mir als Lesende von „Die Universität“ eine Erinnerung an die eigene Studienzeit in den 1980er Jahren erwartet, so könnte die Diskrepanz zwischen meinen eigenen Erfahrungen und denen von Andreas Maier nicht krasser ausfallen. So erscheint mir der tägliche Stau und Stillstand auf der A5 Richtung Wetterau, in den der Autor seinen Ich-Erzähler am Ende fahren lässt, fast noch als ein Erlebnis-Höhepunkt in der sonst  bleiernen Zeit, in der das „Ich, der Mittelteil des Wortes Nichts ist“.

Andreas Maier: Die Universität.
Suhrkamp Verlag, Februar 2018.
147 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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