Volker Kutscher: Marlow: Der siebte Rath-Roman

Der Schriftsteller Volker Kutscher (Jahrgang 1962) lebt und arbeitet in Köln. Mit seinen Krimis über den Kriminalkommissar Gereon Rath wurde er berühmt. Die Krimis spielen im Berlin der 1920er und 1930er Jahre. Die Krimireihe wurde mit dem Titel „Babylon Berlin“ u.a. unter Regisseur Tom Tykwer verfilmt. Die zweite Staffel läuft zurzeit in der ARD.

Volker Kutscher ist aktuell mit seinem siebten Rath-Krimi „Marlow“ in Deutschland auf Lesereise. Der Krimi ist am 30. Oktober 2018 im Piper Verlag erschienen.

„Marlow“ so heißen ein Mecklenburgisches Dorf und ein Verbrecherkönig in Berlin. Auf dem Gut des kaiserlichen Forstinspektors Friedrich Larsen in der Nähe von Marlow im Jahre 1918 beginnt Volker Kutscher in seinem Krimi „eine andere Geschichte“.

Und im Berliner August des Jahres 1935 steigt Gerhard Brunner im hellen Sommeranzug in das Taxi von Otto Lehmann. Der Taxifahrer gibt Gas und rast mit seinem Gast in vollem Tempo gegen eine Mauer. Gereon Rath, inzwischen zum Oberkommissar befördert, findet bei der Aufnahme des tödlichen Verkehrsunfalls einen Umschlag mit Geheimdokumenten über Hermann Göring. Rath ahnt, dass er mit seinen Ermittlungen in große Schwierigkeiten kommen wird. Er lässt die

(Foto: Volker Kutscher mit Moderator David Eisermann bei seiner Lesung am 3. November 2018 im Rahmen des Krimifestivals „Mord am Hellweg“ im Dortmunder Theater im Depot)

Akten verschwinden.

Charlotte Rath arbeitet unterdessen als Rechtsanwaltsgehilfin in Guido Scherers Kanzlei und als Privatdetektivin für Gereons ehemaligen Chef Wilhelm Böhm. Der Pflegesohn der Raths, Fritz, marschiert begeistert mit der Hitlerjugend von Berlin zum Reichsparteitag nach Nürnberg.

Gereon Rath steht kurz vor dem Wechsel zum LKA und will den Fall Brunner möglichst schnell abschließen. Dies bleibt aber ein frommer Wunsch, denn Brunner entpuppt sich als SS-Obersturmführer. Und plötzlich findet sich Rath tief verstrickt in politische Ränkespiele um Nazigrößen, bei denen auch der König der Unterwelt, Johann Marlow, von dem sich Gereon Rath einst hatte mit Geld und anderem bestechen lassen, und sein chinesischer Chauffeur Liang Kuen-Yao die Finger im Spiel haben. Und auch der Tod von Charlys Vater, Christian Ritter, der als Gefängniswärter in der Haftanstalt Moabit gearbeitet hat, bekommt eine gefährliche Bedeutung für den aktuellen Fall.

Oberkommissar Gereon Rath arbeitet in seiner für ihn typischen einzelgängerischen Art an der Grenze der Legalität und geht am Ende sogar darüber hinaus.

Spannend, spannend. Auch im siebten Rath-Roman von Volker Kutscher stimmt die Mischung von Historie und Fiktion.

Er erzählt seinen Krimi in zwei Erzählsträngen, die in unterschiedlichen Zeiten spielen. Dabei liefert der „ältere“ Strang die Hintergrundinformationen zu Johann Marlow und Liang Kuen-Yao und lüftet das Geheimnis ihrer Herkunft und Beziehung. Im „jüngeren“ Strang entwickelt Kutscher die Geschichte um Gereon und Charlotte Rath weiter. Wie beide Stränge verknüpft sind, macht einen Teil der Spannung des Romans aus.

Kutscher schreibt ausführlich, er nimmt sich viel Zeit für seine Figuren und den historischen Rahmen, in dem sie agieren. Das macht „Marlow“ zu einem dicken, aber an keiner Stelle langweiligen, Wälzer. So kann ich als Lesende ganz und gar in die Geschichte eintauchen.

Der Fall an sich, die Klärung des tödlichen Verkehrsunfalls, ist nur der Aufhänger für Kutschers fulminante Erzählung über die dunkle Geschichte Deutschlands während der Nazi-Diktatur, ihr Einsickern in die Familie Rath, in die Behörden, Ämter und in die Köpfe der Menschen. Da komme ich als Lesende Nazi-Deutschland ganz nah, da stehe ich beinahe neben Gereon Rath, der „in Nürnberg am Straßenrand…, getragen von der Masse und ihrem Rhythmus…“ den rechten Arm zum „Deutschen Gruß“ hebt und „Heil Hitler“ brüllt. Und das wirkt noch lange nach, nachdem ich das Buch ausgelesen und geschlossen habe. Ob Gereon-Rath-Fan oder (noch) nicht: bitte lesen!

Volker Kutscher will nach eigenen Angaben noch zwei bis drei Rath-Romane schreiben und möglicherweise mit der Reichsprogromnacht am 9. November 1938, die sich gerade zum achtzigsten Mal jährte, enden.

Volker Kutscher: Marlow: Der siebte Rath-Roman.
Piper, Oktober 2018.
528 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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