Gereon Rath verbringt den Karneval 1933 in Köln. Das scheint kein guter Gedanke gewesen zu sein. Der Kölsche Klüngel geht ihm auf die Nerven, er trinkt zuviel, verärgert seinen Vater und landet schließlich mit einer Jeckin zwischen geleerten Weinflaschen. Da kommt es ihm ganz gelegen, dass er nach Berlin zurückbeordert wird, da jeder Kopf für die Aufklärung des Reichstagsbrandes benötigt wird.
Wieder zurück in Berlin muss er feststellen, dass es dabei um alles andere als saubere Polizeiarbeit geht. Vielmehr geht es um eine reine Kommunistenhatz, alle verfügbaren Kräfte werden der politischen Abteilung zugeteilt und das bekommt auch Gereons Verlobte Charlie zu spüren. Auch wenn sie es endlich geschafft hat, in die Polizei aufgenommen zu werden, so ist sie doch nicht glücklich in ihrer Abteilung. Mal ganz davon abgesehen, dass sie sich langweilt, kann sie es auch kaum ertragen, wie Jugendliche behandelt werden, weil ihre politische Einstellung den neuen Machthabern nicht genehm sind. Aber noch hoffen alle, dass die bevorstehende Wahl die Wende bringen wird.
Eigentlich wollte Gereon nur einen alten Gefallen einlösen, als er den ungeklärten Mord an einem obdachlosen Weltkriegsveteranen wieder aufgreift und einem Zeugen eine Aussage in den Mund legt, um ihn aus den Kellern der SA zu befreien. Aber dann taucht die eine Biografie aus dem Ersten Weltkrieg auf und der Autor behauptet, er werde vom selben Mörder bedroht, wie der Obdachlose, da sie sich in der gleichen Einheit befunden hätten. Die Biografie ist im Augenblick politisch sehr genehm, beschreibt sie doch die verwerflichen Handlungen eines jüdischen Offiziers, der seine Truppe brutal zu Bösem gezwungen hat.
Volker Kutscher gelingt es auch in dem fünften Band um Gereon Rath, das aufziehende Grauen langsam einsickern zu lassen. Der Leser weiß, was folgte, aber die Protagonisten wissen es eben nicht und das ist eine der großen Stärken des Autors, das glaubhaft darzustellen. So werden verdiente Freunde und Kollegen aus dem Amt gedrängt, aber alle glauben noch: „Das kann ja nicht mehr so lange dauern“. Sehr schön beschrieben ist auch, wie der Erste Weltkrieg immer noch über den Köpfen der Menschen hängt und immer noch ein Teil ihres Lebens ist, auch wenn er bereits 15 Jahre vorbei ist.
Rath, der schon immer die Vorschriften großzügig ausgelegt hat, ermittelt inzwischen ganz am Rande der Legalität, der vorgeschriebenen ebenso wie der langsam Usus werdenden. Man darf sehr gespannt sein, was während des Röhmputsches aus dem Kollegen Gräf und seinem Nachbarn wird.
Volker Kutscher: Märzgefallene.
Kiepenheuer & Witsch, November 2014.
608 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.