Steve Cavanagh: Seven Days

Dass Eddie Flynn eine Vergangenheit hat, wissen wir ja schon lange – eigentlich ist das ja eines der Hauptthemen in Steve Cavanaghs Romanen um ihn. Ein alter Kontakt bittet – na ja weist an – dass Eddie sich um einen Todeskandidaten kümmern soll, dessen Verteidigung organisieren. Tief im Süden, dort wo man das Ende der Sklaverei am liebsten vergessen und die Auswirkungen ignorieren möchte, hat sich ein Staatsanwalt einen Namen gemacht. Randal Korn rühmt sich damit, noch jeden auf den Todesstuhl gebracht zu haben, den er angeklagt hat. Jetzt ist Andy dran, dort unten der perfekte Schuldige: Student, ängstlich, Afroamerikaner – und ein weißes weibliches Opfer. Sein Anwalt vor Ort verschwindet nach wenigen Tagen. Eddie macht sich auf den Weg.

In diesem Fall begleitet ihn sein Mentor und Kanzleipartner, das ist zwar gut und auch gut eingebaut, bleibt aber ein autorenseitiger (wenn auch geschickter) Kniff, um einen Afroamerikaner in das Team vor Ort zu bringen. Einen nicht jungen noch dazu. Einen, der sich noch an Zeiten erinnern kann, als „Black Life matters“ noch nicht einmal gedacht war. Sie stoßen auch gleich mitten in Wespennester und es wird gefährlich.

Steve Cavanagh ist damit ein weiterer Autor, der politisch eine klare Stellung bezieht. Auch wenn er kein Amerikaner ist, ich denke als irischer Bürgerrechtsanwalt in Belfast ist Cavanagh durchaus fachkompetent genug, um diesen Roman zu verfassen. Ich halte es aber an dieser Stelle durchaus für erwähnenswert, dass er Ire ist.

In „Seven Days“ geht es um mehr als Alltagsrassismus, der an sich schon schlimm genug ist. Denn Randal Korn ist noch irrer als anfänglich gedacht. Nicht nur, dass es ihm Spaß macht, Menschen sterben zu lassen (ungestraft, weil im Dienste des Staates), er möchte auch die weiße Vorherrschaft wieder herstellen. Dabei ist ihm und der Gruppe um ihn jedes Mittel recht, es geht um deutlich mehr, als nur darum, für ein bereits verübtes Verbrechen einen passenden Schuldigen zu finden. Cavanagh wie Flynn sind am stärksten, wenn es vor Gericht geht. Wenn es darum geht, Schwächen in der Argumentation des anderen zu finden und aufzudecken. Hier ist das umso schwieriger, weil Andy bereits ein Geständnis abgelegt hat. Und irgendwie geht es auch darum, dass Eddie mit den Mitteln des Rechtsstaates gegen jemanden antritt, der mit ebendiesen Mitteln den Rechtsstaat unterwandern oder sogar abschaffen will. Dass Korn dabei eben auch illegale Dinge tut, wie das Verschwindenlassen von Beweisen, untermauert nur die Stellung des Autors und passt in den Roman. Denn das ist doch das, was Schwurbler jeglicher Couleur tun: Sie bauen sich die Wahrheit zurecht und ignorieren oder leugnen alles, was nicht ins Bild passt. Ebenso aktuelles wie brisantes Thema also, nicht nur in den USA.

Dabei ist „Seven Days“ ebenso spannend und stellenweise auch humorvoll, wie die Vorgänger. Dieser 6. Band ist auch wieder ein neuer und keine Übersetzung eines Vorgängerbandes nach dem Erfolg von „Fifty Fifty“. Wir können also endlich wieder Steve Cavanagh dabei zusehen, wie er von Band zu Band immer besser wird. Es lohnt sich.

Steve Cavanagh: Seven Days, Band 6
Aus dem Englischen übersetzt von Jörg Ingwersen
Goldmann, Januar 2024
592 Seiten, Paperback, 17,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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