Simon R. Green: Die dunkle Seite der Straße

Ich bin der Mann, den man ruft, wenn es gilt, die bösen Menschen dieser Welt auszuschalten – dauerhaft. Seit Jahrzehnten erledige ich den Job, erst für Black Heir, eine höchst geheime Regierungsorganisation, die die Aliens im Königreich im Auge behält und maßregelt, später für den Colonel, der mich rekrutiert hat.

Für mich als Alien im nicht alternden Körper eines Menschen ist der Colonel die einzige Familie, die ich habe, die ich je hatte. Und wenn er ruft, dann komme ich. Auch wenn dies heißt, an Weihnachten durch die Mutter aller Schneestürme nach Cornwall zu fahren, zum Anwesen der Familie meines Auftraggebers.

In der großen Halle des Herrenhauses treffe ich auf die Verwandtschaft meines Bosses. Sein alter, aber noch rüstiger Vater, dessen zwei so ungleichen Frauen, sein Geschäftspartner, den Ex-Verlobten der Tochter und diese selbst – nur mein Colonel ist nicht auffindbar.

Während ich mir langsam vorkomme, wie in einem Agatha Christie Krimi, umgeben von lauter Menschen, die alle etwas zu verbergen haben, mache ich mich auf die Suche nach meinem Auftraggeber – und entdecke ihn, sauber seiner Kopfes verlustig gegangen als höchst toten, weil ermordeten Schneemann im ewigen Weiß. Wer aber hat ihn so martialisch zugerichtet – die Nacht wird lang, interessant und dramatisch …

Simon R. Green gehört für mich zu den meistunterschätzten und unterhaltsamsten Autoren des Genres.

Sicherlich, stilistisch darf man nicht zu viel erwarten und Tiefgang sucht man zumeist auch vergeblich, wer aber auf packende Unterhaltung mit einem guten Schuss trockenen, britischem Humors steht, der wird in seinem Roman „Die dunkle Seite der Straße“ bestens bedient.

Qualität lässt deutlich nach

Ein wenig muss ich dies einschränken, lässt die Qualität der Romane doch, je länger einer Serie andauert, zumeist deutlich nach. Einzige Ausnahme sind hier die Geschichten aus der Nightside.

Vor einigen Jahren noch im Stall von Bastei-Lübbe beheimatet, die neben seinen Todsteltzer Military-SF Zyklen auch die Drood-Reihe begannen, und einem Ausflug in die Fantasy bei Heyne, war der Autor bis zur Einstellung des Verlags bei Feder & Schwert. Nun also hat zumindest die Ismael Jones Reihe eine neue verlegerische Heimat gefunden.

Dieses Mal weicht der Autor aber von seinem sonstigen Schema, eine aberwitzige Abfolge von skurrilen Begegnungen und Kämpfen mit nicht ganz menschlichen Opponenten, ab. Hier fühlt man sich als Leser an alte Krimis erinnert – Miss Marple, Edgar Wallace und Co standen unzweifelhaft Pate bei der Situation, die unseren Killer in weißer Rüstung im eingeschneiten Herrenhaus erwartet.

Bekannte Szenen aus Kultfilmen der 60er-Jahre

Geschickt spielt der Autor mit bekannten Szenen aus den Kultfilmen der 60er, sodass bei der Lektüre viel Flair der Filme, die wir in unserer Jugend angeschaut haben, mitschwingt. Dazu wollen wir natürlich wissen, wer der Täter ist, welches Motiv dieser hatte und was für Auswirkungen der Mord letztlich haben wird. Das sind eigentlich typischen Kriminalroman-Versatzstücke, mit der Zugabe des Aliens mit goldenem Blut und des Täters.

Alles in allem ein etwas anderer Serienauftakt für eine neue Reihe aus Green´scher Fertigung. Es geht ein klein wenig geruhsamer zu, als wir dies aus seinen Werken sonst kennen. Vieles, gerade was unseren Ich-Erzähler anbelangt, bleibt bislang noch im Unklaren, Fragen, auf die uns der Autor in den weiteren sieben bislang erschienen Bänden eine Antwort schuldet.

Simon R. Green: Die dunkle Seite der Straße.
Aus dem britischen Englisch übersetzt von Oliver Hoffmann.
Lindwurm, Februar 2023.
364 Seiten, Taschenbuch, 16,50 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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