Sebastian Huncke, Simone Paganini: Wer zur Hölle ist der Teufel?

Wenn draußen die hellen Tage dunklen Nächten weichen und in Österreich der Nikolo von seinem Gefährten „Krampus“ begleitet an die Türen klopft, kann man sich schon fragen „Wer zur Hölle ist der Teufel?“. Denn allem Anschein nach ist er ein Teufel, der Krampus, mit seinen Hörnern, dem schwarzen Fell, mit Kettengerassel und schauderhaftem Gebrüll. Woher kommt diese dunkle Gestalt? Der erste Nachweis für Dämonen und „Teufelsfiguren“ stammt  aus dem Nahen Osten und diese Kreaturen sind – man höre und staune – weiblich. Es handelt sich oft um Mensch-Tier-Mischwesen, ausgestattet mit unwiderstehlichen sexuellen Reizen. In allen Kulturen ist Verführung eine teuflische Eigenschaft.

Relativ bald aber ist das Böse ein Mann, heißt Beelzebub, Satan, Belial, Luzifer und welche Namen er auch immer trägt, der Widersacher von allem Guten, der Antichrist. Das Mittelalter erfindet, angelehnt an die gesellschaftliche Ständeordnung, eine höllische Parallelwelt mit unzähligen teuflischen Figuren und einem Höllenfürsten. Der katholischen Kirche ist daran gelegen, die Bevölkerung mit grauenvollen Jenseitsszenarien zu domestizieren und schon im Diesseits im Zaum zu halten. Das Böse ist immer und überall. Seinen Verbündeten, den Hexen, wird Teufelsbuhlschaften nachgesagt.

Ihr Schadenszauber mit teuflischer Unterstützung wird, wie wir wissen, grausamst geahndet. Allerdings versuchen Arme oft, mit Magie und Zauberbei ihr Leben zum Besseren zu wenden. Es bleibt in den engen hierarchischen Grenzen das einzige Mittel, sich zumindest mental gegen Ungerechtigkeiten zu wehren. Der Böse kann sich auch in diverse Tiere verwandeln. Schwarze Hunde, Kröten, Frösche und natürlich Wölfe können einen Teufel beherbergen. Man denke an „des Pudels Kern“ bei Goethe. Am Beginn des 18. Jhdt. allerdings kommen Teufelsbeschwörungen und Teufelspakte geradezu in Mode.

Es existieren sogar Anleitungen, wie man einen Teufel ruft und ihn sich dienstbar macht. Oftmals soll der trickreich Gebannte seinen menschlichen Meistern vergrabene Schätze zeigen. Und wie ist das mit des Teufels Wohnstatt? Der teuflischen Zentrale, sozusagen? Der Hölle? Auch dazu gibt es in diesem Buch interessante Ausführungen. Des Weiteren erfährt man, was es mit dem Purgatorium auf sich hat, dem Fegefeuer, in das all jene Seelen kommen, die für die Hölle nicht schlimm genug und für den Himmel nicht reuig oder geläutert genug sind.

Fazit: Ein überaus interessantes, gut lesbares Buch, das sich mit dem personifizierten Bösen auseinandersetzt und umfassende Einblicke in den Begriff „Teufel“ gibt. Sehr spannend auch das Interview zwischen dem Historiker Sebastian Huncke und dem italienischen Theologen Simone Paganini über den Teufel in unserer Gegenwart. Paganini kommt zu dem Schluss, dass es ihn nicht wirklich gibt. Im Pelz des Krampus steckt ja auch nur ein verkleideter Mensch. Gott sei Dank.

Sebastian Huncke, Simone Paganini: Wer zur Hölle ist der Teufel? Die Faszination des Bösen in Bibel und Geschichte.
Herder, August 2023.
168 Seiten, Hardcover, 16,50€.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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