Nachdem die Schriftsteller Paul Auster und J. M. Coetzee sich 2008 bei einem australischen Literaturfestival kennengelernt hatten, regt Coetzee einen Briefwechsel an, auf den Auster nur zu gern eingeht. Der Gedankenaustausch erstreckt sich über drei Jahre von 2008 bis 2011 hinweg und zeigt ein vielfältiges Themenspektrum auf, das sich nicht nur mit interessanten und brisanten Inhalten befasst, sondern einen transparenten Zugang zu beiden Autorenpersönlichkeiten schafft.
Ein großes Thema von Auster und Coetzee behandelt Sport in seinen unterschiedlichsten Formen. Natürlich machen sich die beiden auch viele politische Gedanken – unter anderem über den Nahostkonflikt, über Südafrika und die Apartheit, über den Wahlausgang in den USA – als nicht Al Gore, sondern Bush an die Macht kam, und und…
In weiteren Überlegungen tauschen sie sich über die Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Samuel Becket, über Interviews, ihre Reisen zu Vorträgen, Begegnungen mit anderen Menschen, etc. aus.
Erstaunt erfährt man, dass die beiden Schriftsteller sich meist während ihren jeweiligen Aufenthalten in Europa verabreden, um sich dort, fern von ihren Wohnorten New York (Auster) und Adelaide/Australien (Coetzee), zu treffen.
Natürlich gewähren uns Auster und Coetzee auch so einige private Einblicke in ihre Leben. So lesen wir zum Beispiel davon, wie im Hause Auster/Hustvedt das Weihnachtsfest abläuft und welche Traditionen dabei gepflegt werden. Oder wir erfahren von Coetzees Schlafproblemen und von seinem Problem mit einer unberechtigten Leserkritik in einem persönlich an ihn gerichteten Brief umzugehen.
Eine andere Betrachtung handelt von fiktiven Räumen und davon, wie beide jeweils ein Buch lesen. Ob das Geschriebene visuell im Kopf umgesetzt wird oder in welcher Form es erlebt wird. Darüber hinaus diskutieren die beiden Schriftsteller über die Bedeutung der Muttersprache – Wörter, Texte, Redewendungen und Übersetzungen. Oder wir lesen über die Bedeutung von Namen – Straßennamen, Namen von Personen und Figuren.
Immer wieder beziehen Auster und Coetzee auch Philosophen in ihre Anschauungen mit ein. So führt Coeztee zum Beispiel u. a. Nietzsches Kommentar darüber an, wonach sich die Freiheit bei einzelnen Völkern misst. In einem anderen Zusammenhang greift Auster Platons Höhlengleichnis auf.
Was könnte uns große Schriftsteller näher bringen, als ihre gegenseitige Korrespondenz!
Austers und Coetzees Briefe sind interessante, mit Esprit geschriebene Dialoge, die in ihren Sichtweisen in die Tiefe gehen und dabei auch so manches Private erzählen.
J. M. Coetzee, der 1940 in Kapstadt geboren ist und von 1972 bis 2002 als Literaturprofessor in seiner Heimatstadt lehrte, gehört zu den bedeutendsten Autoren der Gegenwart. Für seine Romane und sein umfangreiches essayistisches Werk wurde er mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet.
2003 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen.
Coetzee lebt seit 2002 in Adelaide/Australien.
Paul Auster wurde 1947 in Newark/New Jersey geboren. Er studierte Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Columbia University und verbrachte danach einige Jahre in Paris. Zum Bestseller-Autor wurde Auster mit der New York-Trilogie.
2006 wurde ihm der Prinz-von-Asturien-Preis verliehen.
Paul Auster lebt in Brooklyn/New York.
Paul Auster & J. M Coetzee: Von hier nach da: Briefe.
Fischer, Mai 2014.
288 Seiten, Taschenbuch 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.