„Der Mann, der kein Mörder war“ ist das Debüt des schwedischen Autorenduos Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt und der Beginn einer Reihe rund um die Fälle des Kriminalpsychologen Sebastian Bergmann. Der zweite Band der Serie ist in Schweden bereits in diesem Sommer erschienen.
Die Leiche des sechzehnjährigen Roger Eriksson wird in einem Waldtümpel in der Nähe des schwedischen Västeras gefunden. Der Junge wurde erstochen und Teile seines Herzens entfernt. Schon vor Tagen hat die Mutter Lena Eriksson ihren Sohn als vermisst gemeldet, doch die örtliche Polizei hat den Fall verschleppt und zu spät mit den Ermittlungen begonnen. Die Leiterin der Dienststelle in Västeras ist mit Torkel Höglund, dem Leiter der schwedischen Reichsmordkommission, bekannt und bittet diesen um Hilfe bei der Aufklärung des grausamen Mordes. Höglund findet sich mit seinem Team, der Kriminaltechnikerin Ursula Andersson, der Verhörspezialistin Vanja Lithner und dem Computerexperten Billy Rosén, in Västeras ein.
Zu gleichen Zeit versucht der brillante Kriminalpsychologe und ausgemachte Kotzbrocken Sebastian Bergmann das Haus seiner verstorbenen Eltern in Västeras zu verkaufen. Bergmann war ein enger Freund Höglunds, bis er nach dem Unfalltod seiner Frau und seiner Tochter seine Arbeit bei der Kriminalpolizei aufgab. Seitdem versucht er durch kurzlebige Affären seine Trauer und Schulgefühle zu bekämpfen. Aus eigennützigen Motiven bittet Bergmann seinen ehemaligen Freund Höglund, ihn in sein Team aufzunehmen und bei der Suche des Mörders helfen zu lassen.
Eine erste Spur führt in das Palmlövska-Gymnasium, in das Roger erst vor einigen Monaten gewechselt ist, weil er an seiner alten Schule gemobbt wurde. Bergmann kennt das elitäre Privatgymnasium nur zu gut. Sein Vater war Mitbegründer dieser Schule und Bergmann hat hier selbst einige Schuljahre verbracht. Und es stellt sich heraus, dass Roger nicht der Musterknabe gewesen ist, als den er sich ausgegeben hat.
Trotz des brutalen Mordes als Auftakt, der einen blutrünstigen Thriller um einen Serienkiller erwarten lässt, entpuppt sich „Der Mann, der kein Mörder war“ als eher ruhiger Kriminalroman, der ohne reißerische Beschreibungen von Greueltaten und unrealistische Verfolgungsjagden auskommt. Seine Dynamik und Spannung bezieht dieser Roman aus dem Geflecht der Beziehungen und Abneigungen der Personen innerhalb des Ermittlerteams, deren Charaktere von den Autoren überzeugend entwickelt werden.
Der Leiter Torkel Höglund hat ein Verhältnis mit der Spurensicherungsspezialistin Ursula, die sich den Platz als Beste im Ermittlungsteam mit der ehrgeizigen Vanja teilt. Beide haben eine stillschweigende Übereinkunft getroffen, sich nicht in das Spezialgebiet der anderen einzumischen. Der Technikfreak Billy, Jüngster im Team, macht den beiden Frauen ihre Stellung nicht streitig.
Das Erscheinen des Ekelpakets Sebastian Bergmann stört die empfindliche Hierarchie gewaltig. Bergmann, der zur Teamarbeit unfähig ist, weiß und kann alles besser und liefert zum Ärger Ursulas und Vanjas entscheidende Hinweise zur Ergreifung des Mörders. Doch gerade der Konkurrenzkampf zwischen den dreien bringt die Ermittlungsarbeit voran, wobei der Fall zum Ende hin eine überraschende, aber glaubwürdige Wende nimmt.
Einziges Manko des überzeugenden Kriminalromans ist, dass die Autoren die Figur des Sebastian Bergmann als menschenverachtendes Ekel fast bis zur Karikatur überzeichnen. Man darf gespannt sein, ob und wie sich der Kriminalpsychologe im nächsten Band der Serie zu einer Figur entwickelt, die dem Leser Raum zur Identifikation bietet.
Was es mit dem Mann, der kein Mörder war, auf sich hat, soll hier nicht verraten werden, um dem potentiellen Leser nicht die Überraschung zu nehmen. Also: Selber lesen!
Michael Hjorth & Hans Rosenfeldt: Der Mann, der kein Mörder war.
Rowohlt Polaris, November 2011.
592 Seiten, Taschenbuch,14,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Martina Sprenger.