Seit Generationen ist die Wüstenstadt Qalia und deren Umgebung von der restlichen Welt getrennt. Ein Bund sorgt dafür, dass die Menschen dort sicher sind, während sie mit ihren Kräften für den Schutz der Stadt und ihrer Umgebung sorgen. Der Misra-Tee, aus der Rinde des gleichnamigen Baumes gewonnen, verleiht ihnen magische Kräfte, Befähigungen, mit den Elementen des Landes zu interagieren, diese zu nutzen und damit Unglaubliches zu bewerkstelligen.
Als der ältere Bruder unserer Erzählerin Imani eines Tages spurlos verschwindet und dabei ein größerer Vorrat an der zauberkräftigen Rinde mit diesem vermisst wird, geht man davon aus, dass Atheer dem zauberkräftigen Tee verfallen war und letztlich den Djinns zum Opfer fiel.
Statt zu trauern, macht Imani sich auf, als Schild Rache an den Wüstenbewohnern, die ihren Bruder vermeintlich getötet haben, zu nehmen. Schnell nennen die Djinns sie nur mehr furchtsam die Töterin.
Dann aber stößt unsere Erzählerin in der Wüste auf Hinweise, dass Atheer noch am Leben sein, mehr noch, dass er sich den Menschen außerhalb der Enklave angeschlossen haben könnte. Mehr weiß nur ausgerechnet eines der Wesen, denen sie den Kampf angesagt hat – ein etwas vorlauter Djinn.
Es kommt, wie es kommen muss, der Djinn bindet sich an den zauberkräftigen Dolch unserer Schildmaid, und begleitet diese und einen weiteren Abgesandten des Rats durch die Einöde des Brachlandes in das, das Reich umgebende Land der Menschen …
Ein weiterer Roman, der in einer arabisch angehauchten Umgebung angesiedelt ist, wartet auf uns. Einmal mehr der Beginn eines Mehrteilers, der geschickt mit der Pracht und der Exotik des Orients spielt, dabei aber auch der Kultur Respekt erweist und uns interessante Einblicke in diese ermöglicht.
Zu Beginn des Romans zieht sich der Plot ein wenig. Die Verfasserin muss uns zunächst zumindest ein wenig ihre Welt vorstellen, die maßgebenden Figuren einführen und die Handlung in Gang setzen.
Dabei begeht sie, wie so mache junge Autoren den Fehler, den alten Grundsatz des „Show, don´t tell“ außer Acht zu lassen. Zu oft beschreibt sie umständlich Begebenheiten und Figuren, nimmt damit unnötig Tempo aus ihrer Handlung und erschwert so den Lesefluss.
Keine Angst, es wird bald – deutlich – besser!
Nach gut einem Drittel des Bandes sind wir „drin“ haben den Weltenbau verinnerlicht und es kann losgehen mit der großen Abenteuer. Die Autorin inkludiert dann Fragen über Verantwortung von Mächtigen, Freiheitsbestrebungen und Selbstbestimmungsrecht.
Auffallend, dass ausgerechnet ihre Protagonistin ein wenig ambivalent angelegt ist. Imani ist kein einfacher Charakter – oft verbohrt, stur und uneinsichtig bis zur Selbstkasteiung, dann wieder von Vorurteilen und der eigenen, ihr selbst nicht eingestandenen Trauer und Verletzlichkeit, gehemmt. Sprich, ich wurde nicht wirklich warm mit unserer Hauptperson. Erst der an ihren Dolch gebundene Djinn ermöglicht es ihr, über den sprichwörtlichen Tellerrand hinauszusehen, wobei auch Qayn durchaus grau gezeichnet ist, seine eigenen Ziele verfolgt. Das macht dann die Fortsetzung der Handlung im zweiten Teil des Romans so interessant – ständig müssen sich unsere Retter aus dem bislang so abgeschotteten Reich neu positionieren, ihre Auffassungen und Annahmen überdenken, flexibel reagieren. So ist dies ein Roman, der uns eine Autorin vorstellt, die Potenzial hat, die uns spannend und interessant aus einer uns recht fremden Welt berichtet und uns den Zauber des Orients vermittelt.
Maiya Ibrahim: Gewürzstrasse
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Helga Parmiter
Panini Verlag, März 2024
457 Seiten, Taschenbuch, Euro 19,00
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.